Konflikt Steht die Geburtshilfe auf der Kippe?

Kassen planen Einschränkung von Hausgeburten. Hebammen und Eltern fürchten, dass der Beruf stirbt.

Im Streit mit den Krankenkassen fürchten die Hebammen um die freie Wahl des Geburtsortes. (Symbolfoto)

Im Streit mit den Krankenkassen fürchten die Hebammen um die freie Wahl des Geburtsortes. (Symbolfoto)

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Düsseldorf. Wer entscheidet, wo eine Frau ihr Kind zur Welt bringt? An dieser Frage entzündet sich aktuell ein Konflikt zwischen Krankenkassen und Hebammen, der die freie Geburtshilfe in Deutschland erneut vor eine Zerreißprobe stellt.

Der Hintergrund des Konflikts: Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) und der Deutsche Hebammenverband müssen sich bis Juli dieses Jahres auf einen so genannten Sicherstellungszuschlag einigen. Den sollen Hebammen bekommen, die nur wenige Schwangere bei Geburten in der Klinik oder in den eigenen vier Wänden betreuen und deshalb nicht mehr dazu in der Lage sind, die stetig steigenden Beiträge für die Berufshaftpflicht zu erwirtschaften.

Im Umkehrschluss sollen Hausgeburten in Zukunft Qualitätskriterien unterliegen. Die Kassen schlagen vor, den bestehenden Kriterienkatalog der Geburtshäuser anzuwenden, diesmal allerdings ohne eine Präampel, die die letzte Entscheidung über den Geburtsort jeweils der Schwangeren und ihrer Hebamme überlässt.

Das bedeutet unter anderem: Sobald eine Schwangere den errechneten Geburtstermin um einen Tag überschreitet, muss ein Arzt bei der Frage über den Geburtsort konsultiert werden. Die Geburtshelferinnen sind empört und fürchten eine Entmündigung der Gebärenden und der Hebammen.

Ann Martini vom GKV sieht das anders: „Sobald eine Frau überträgt, sucht sie ohnehin in der Regel jeden Tag ihren Frauenarzt auf.“ Nina Martin vom Deutschen Hebammenverband hält dagegen: „Frauen haben ein Recht auf freie Wahl des Geburtsortes. Geburt wird ohnehin zunehmend zum medizinischen Risiko erklärt und jetzt wollen auch noch die Krankenkassen mitreden — das geht nicht.“

Für die freiberuflich in der Geburtshilfe tätigen Hebammen ist das Stocken der Verhandlungen problematisch, da sie länger auf die angekündigten Zuschläge warten müssen. Vereinigungen wie der Elternprotest Düsseldorf fürchten, dass nun noch mehr Hebammen ihren Beruf aufgeben. In Krefeld etwa gibt es bereits jetzt nur noch eine Hebamme, die Frauen zur Geburt in die Klinik begleitet. Hausgeburten führt keine einzige mehr durch.

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