Steinbrück sagt Vortrag bei Schweizer Privatbank ab

Berlin (dpa) - Unmittelbar vor dem SPD-Wahlparteitag kommt der designierte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wegen seiner Vortragstätigkeiten erneut in Bedrängnis. Steinbrück sagte kurzfristig einen Vortrag bei der Schweizer Privatbank Sarasin in Frankfurt am Main ab.

Grund dafür seien staatsanwaltliche Ermittlungen gegen das Institut, teilte sein Sprecher Michael Donnermeyer am Mittwoch mit.

Steinbrück wollte in einer sogenannten Dinner Speech zum Thema „Sicherheit und Stabilität für Europas Finanzmärkte“ sprechen. Bei der Offenlegung seiner Vortragstätigkeiten Ende Oktober hatte er angekündigt, die bereits eingegangenen Rede-Verträge noch zu erfüllen. Die Honorare dafür wollte er spenden. Dies habe auch für die bereits im vergangenen April vereinbarte Verpflichtung bei Sarasin gegolten, erklärte Donnermeyer. „Aufgrund der ihm heute bekanntgewordenen Meldungen hat er seinen Vortrag nunmehr abgesagt“, fügte der Sprecher hinzu.

Steinbrück soll am Sonntag in Hannover offiziell zum SPD-Kanzlerkandidaten gewählt werden. Wegen seiner Vorträge war er in den letzten Wochen erheblich unter Druck geraten. Seit 2009 hatte er nach eigenen Angaben daraus rund 1,25 Millionen Euro eingenommen.

Gegen das Institut in Frankfurt richtete sich kürzlich eine Razzia. Laut Medienberichten beziehen sich die Vorwürfe auf mehrere Aktiendeals, bei denen Steuern in dreistelliger Millionenhöhe hinterzogen worden sein sollen. Die Bank hat ein Fehlverhalten strikt zurückgewiesen.

Wegen des Verdachts des Steuerbetrugs bei Aktiengeschäften ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen mehrere Banken. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ steht auch die Sarasin-Razzia in diesem Zusammenhang.

Die Ermittlungen sind nach Angaben der Wochenzeitung „Die Zeit“ auch Folge eines schlecht gemachten Steuergesetzes aus Steinbrücks Amtszeit als Finanzminister. Demnach sollen sich die Ministeriumsbeamten damals von Lobbyisten des Bankgewerbes haben die Hand führen lassen. Die Begründung des Gesetzes aus dem Jahr 2006 sei zu großen Teilen identisch mit einem Schreiben des Bundesverbandes Deutscher Banken von 2002. Die Beamten hätten über lange Passagen wörtlich Formulierungen des Verbandes übernommen.

Nach Ansicht einer Mehrheit der Bevölkerung ist Steinbrück der richtige SPD-Kandidat. In einer Forsa-Umfrage für das Magazin „Stern“ bejahten 51 Prozent diese Frage. 36 Prozent antworteten mit Nein. Mit 75 Prozent Ja-Antworten ist die Zustimmung bei den SPD-Wählern besonders hoch. Aber auch 46 Prozent der Unions-Anhänger halten die Entscheidung für richtig. 41 Prozent aller Befragten meinen, dass der Ex-Finanzminister auch ein guter Kanzler wäre. Dennoch liegt er im direkten Vergleich mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach dem „Stern“/RTL-Wahltrend mit 26 zu 50 Prozent weit hinten.

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