Strom: Befreiung von Betrieben auf der Kippe

Netzbetreiber wehren sich vor Gericht gegen die finanzielle Freistellung von Vielverbrauchern.

Düsseldorf. Es geht nur um ein Verfahren auf vorläufigen Rechtsschutz. Eine Eilentscheidung also, in der längst nicht alle Aspekte gründlich geprüft werden. Die Hauptsacheverfahren werden erst im Frühjahr entschieden.

Und es geht auch nur um ein Detail im millionenschweren Poker um Stromnetz-Entgelte, das am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt wurde. Dennoch war aus den Worten des Vorsitzenden Richters Wiegand Laubenstein schon herauszuhören, dass die Befreiung energieintensiver Unternehmen von Netzentgelten rechtlich fragwürdig ist.

Stromnetzbetreiber klagen gegen die Entlastung der Großverbraucher, weil sie diese mit Strompreiserhöhungen für ihre anderen Kunden ausgleichen müssen. In dem Düsseldorfer Eilverfahren geht es zunächst um diese kleine, gleichwohl bedeutende Frage: Ist die rückwirkende Befreiungsregelung für stromintensive Unternehmen für das Jahr 2011 wirksam?

Die beiden regionalen Verteilernetzbetreiber, die NRM Netzdienste Rhein-Main und die Stadtwerke Ilmenau, wenden sich gegen die Befreiungsregelung für stromintensive Firmen in dem betreffenden Jahr.

Sie müssen nämlich die entsprechenden Einnahmeausfälle verkraften, können diese Kosten aber erst ab 2013 mit den großen Übertragungsnetzbetreibern verrechnen. Weil es um Millionenbeträge geht, fürchten sie finanzielle Schieflagen und wollen dies im Eilverfahren abwenden.

In diesem Eilverfahren, das das Gericht am 14. November entscheiden will, spielen schon die Argumente des Hauptsacheverfahrens eine Rolle. Nicht nur juristische Fragen — die Zweifel, ob es eine gültige Rechtsgrundlage für die millionenschwere Freistellung energieintensiver Unternehmen gibt.

Es geht auch um Gerechtigkeit und Umweltpolitik: Werden ab einer bestimmten Verbrauchsgrenze Unternehmen ganz von den Stromkosten freigestellt, so benachteiligt das die Firmen, die im Verbrauch unter diesen Werten liegen. Und es schafft auch absurde Fehlanreize.

Der Mehrverbrauch von Strom wird attraktiv: Je mehr Energie einer verpulvert, umso eher kommt er in den Bereich, in dem er eine Freistellung beantragen kann — und keinen Cent mehr für die Netzbenutzung bezahlen muss. Verkehrte Welt: Ausgerechnet die Unternehmen, die durch intensiven Strombezug wesentlich zu den Netzkosten beitragen, werden ganz freigestellt.

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BMS - Redakteur Stefan Vetter  in
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