Stromsparinitiative: Altmaiers Bremsversuch

Für viele Menschen haben die Kosten ein kritisches Maß erreicht. Können sie mit Energieberatungen wirksam entlastet werden?

Berlin. Peter Altmaier hat eigens ein neues Symbol anfertigen lassen. Ein schwarz-rot-goldener Stecker ziert eine Wand im Bundesumweltministerium. Daneben der Schriftzug: „Energiewende — Die Stromsparinitiative“.

Nach einem runden Tisch mit Energiebranche, Verbraucherschützern, Wohlfahrtsverbänden und Kommunen verkündet er seine Antwort auf das nicht eingelöste Regierungsversprechen.

Denn eigentlich sollten die Förderkosten für Solar- und Windstrom nicht weiter steigen. Nun droht aber ein satter Anstieg. Altmaier will die Bürger daher dazu bringen, Strom zu sparen.

Bis 2020 sollen alle interessierten Haushalte Energieberatungen bekommen, um den Stromverbrauch um zehn Prozent zu senken. „Wir wollen Möglichkeiten geben, dem Strompreis ein Schnippchen zu schlagen“, sagt Altmaier.

Wenn genug Geld losgeeist werden kann, soll die Beratung kostenlos sein. Einkommensschwache Haushalte bekommen auch gratis Sparlampen oder abschaltbare Stecker.

Klar ist, dass der Strompreis nicht erst seit Ausrufung der Energiewende steigt. Derzeit liegt er bei rund 26 Cent je Kilowattstunde, pro Jahr können für einen Durchschnittshaushalt so rund 900 Euro anfallen. Fast die Hälfte machen dabei Steuern, Abgaben und Umlagen wie zur Finanzierung der erneuerbaren Energien aus.

Der Strompreis hat gerade für einkommensschwache Bürger ein kritisches Maß erreicht. Besonders schwierig ist die Lage für die mehr als eine Million Besitzer von Nachtstromheizungen. Ihre Kosten sind in den vergangenen Jahren um bis zu 70 Prozent gestiegen. Bei einem Ausufern der Kosten droht die Akzeptanz für die Energiewende zu schwinden. Aus einer Energiedebatte wird daher eine Gerechtigkeitsdebatte.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wirft Altmaier vor, vom eigentlichen Problem abzulenken — die Regierung treibe durch immer mehr Ausnahmen für Unternehmen bei den Förderkosten für Erneuerbare Energien die Strompreise der übrigen Bürger.

Die Grünen schätzen die Zusatzbelastung durch die Ausnahmen auf bis zu vier Milliarden Euro jährlich. Auch Hähnchenschlachtereien oder Golfplätze hätten Rabatte bekommen.

Die FDP pocht derweil auf eine Senkung der Steuerbelastung beim Strompreis, allein die derzeitige Ökostrom-Umlage beschert dem Staat Mehrwertsteuereinnahmen von zusätzlich einer Milliarde Euro pro Jahr. Doch Altmaier ist dagegen, zumal es unsicher wäre, dass eine Senkung von den Energieversorgern auch an Kunden weitergegeben würde. Sozialverbände fordern Sondertarife für Einkommensschwache.

Bisher kommen nur Empfänger von Sozialleistungen in den Genuss von Gratis-Energieberatungen etwa durch die Caritas. Ein Beispiel aus Berlin: Dort wurden in einer Wohngemeinschaft jüngst Sparartikel im Wert von 116 Euro kostenlos eingebaut. 222 Euro an Stromkosten können so jährlich gespart werden, allein 80 Euro durch einen Verzicht auf einen Standby-Betrieb.

Wenn kommende Woche die Höhe der Ökostrom-Förderkosten für 2013 bekanntgegeben werden wird, könnte der Druck allerdings steigen, es nicht bei einem Ausbau der Stromspar-Beratungen zu belassen.

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