Terrorabwehrzentrum trotz Boykotts einiger Länder eröffnet

Köln (dpa) - Das neue Terrorabwehrzentrum gegen verschiedene Formen von Terrorismus ist nach Widerstand mehrerer Bundesländer mit einem nur verkleinerten Teilnehmerkreis an den Start gegangen.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sprach nach der ersten Sitzung des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismus-Abwehrzentrums (GETZ) in Köln von einer „ersten Stufe“. Es falle nun zunächst der Startschuss für eine Vernetzung der Behörden des Bundes.

„Es ist vernünftig, dass wir jetzt anfangen“, betonte der Minister. Der weitere Prozess solle dann mit den Ländern gemeinsam gestaltet werden. „Wir werden auf Augenhöhe, wie das zu Recht gefordert wird, auch mit den Ländern dieses Zentrum weiterentwickeln.“

Friedrich will bei der Innenministerkonferenz Anfang Dezember für das GETZ werben. Er gehe davon aus, dass 2013 alle Länder dabei seien, sagte der CSU-Politiker. Er verstehe nicht, dass sich Länder überrumpelt fühlten. Friedrich hatte das GETZ im Eiltempo aus der Taufe gehoben. Mehrere Bundesländer - allen voran Nordrhein-Westfalen - werfen ihm einen Alleingang ohne ausgefeiltes gemeinsames Konzept vor.

Im GETZ soll der Kampf gegen alle Formen von Extremismus verstärkt werden. Polizei und Nachrichtendienste wollen unter Federführung von Bundesverfassungsschutz und Bundeskriminalamt ihre Erkenntnisse über Rechts- und Linksextremismus, Ausländerextremismus und Spionage bündeln.

Zehn Länder schickten Vertreter zur konstituierenden Sitzung nach Köln. Zunächst nicht dabei sind Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstag) unter Berufung auf das Bundesinnenministerium berichtete. Die Länder sollen sich mit ihren Kriminalämtern und Verfassungsschutzbehörden einbringen.

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, betonte: „Ich bin froh, dass es heute zur Eröffnung des GETZ gekommen ist.“ Die engere Zusammenarbeit von Polizei und Nachrichtendiensten von Bund und Ländern sei unverzichtbar. Das GETZ werde sich an dem „hervorragenden Modell“ des Abwehrzentrums gegen islamistischen Terror in Berlin orientieren, das 2004 als Folge auf die Anschläge des 11. September 2001 gestartet war.

Die neue Informationsplattform werde helfen, Gefährdungslagen früher zu erkennen und besser zu bewerten, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke. Im GETZ geht nun das Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) auf, das Ende 2011 als Folge auf die lange unentdeckt gebliebenen NSU-Morde gegründet worden war. Die Standorte bleiben Köln und Meckenheim bei Bonn (BKA-Außenstelle).

Kritik kam vom Parlamentarischen Geschäftsführer des SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann: Es sei zu befürchten, dass die mit dem GAR gewonnene „neue Schlagkraft“ gegen Rechts wieder aufgeweicht werde angesichts der vielen Arbeitsfelder. Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Ulla Jelpke, nannte die neue Einrichtung „unsinnig und gefährlich“. Die Grünen-Fraktion in NRW zog nach dem Boykott einiger Länder das Fazit, Friedrich riskiere mit seiner „organisatorischen Hauruck-Aktion“ einen Fehlstart.

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