Katholische Kirche: Eine Reform der Seelsorge?

Wuppertals Pastoralreferent Werner Kleine versteht Woelkis Worte als einen Aufruf zu mehr Menschennähe.

Katholische Kirche: Eine Reform der Seelsorge?
Foto: Uwe Schinkel

Düsseldorf. Es sind nur Andeutungen, die der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki über die geplante Neuausrichtung der katholischen Gemeinden in seiner Diözese fallen lässt. Er wolle „neue Pastorale Räume“ schaffen, heißt es etwa. Sind erneut schmerzhafte Reformen geplant, wie in einigen Medien spekuliert wurde?

Das Erzbistum Köln hat sich dazu Montag auf Nachfrage unserer Zeitung nicht geäußert. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte Woelki, in den letzten Amtsjahren seines Vorgängers Joachim Meisner seien Strukturprobleme nicht mehr angegangen worden. Jetzt stehe das Erzbistum vor einer Zäsur. So müsse nun etwa der Priestermangel ausgeglichen werden, indem man in Zukunft auch Laien qualifiziere.

In Berlin erzeugt Woelkis Aufruf ein Dejá-vù-Erlebnis. Mit genau diesen Worten hat der Geistliche 2012 — damals Bischof in der Hauptstadt — eine grundlegende Strukturreform eingeleitet, bei der am Ende nur 30 Großpfarreien mit jeweils einem leitenden Pfarrer übrig bleiben.

„Natürlich gab es die Angst vor Zentralisierung. Davor, dass da jemand weit weg von der eigenen Kirche Seelsorge macht“, sagt Stefan Förner vom Bistum Berlin. Woelki wird jedoch bis heute in Berlin zugute gehalten, dass er die zentralen Probleme des Bistums tatsächlich angegangen ist: Priestermangel, eine nicht besonders üppige finanzielle Ausstattung und einen enormen Mitgliederschwund — auch bedingt durch die sinkenden Bevölkerungszahlen im Brandenburger Land.

Mit den letzten beiden Problemen hat Köln als die größte und wohlhabendste Diözese Deutschlands nicht zu kämpfen. Einen starken Mitgliederschwund und Priestermangel aber gibt es auch hierzulande. Der Wuppertaler Pastoralreferent Werner Kleine geht nach zwei Fusionswellen im Erzbistum Köln dennoch nicht davon aus, dass nun weitere zusammenlegungen folgen. „Wir hätten sicherlich davon erfahren, wenn wir vor einem strukturellen Umbruch stünden“, sagt er.

Kleine rechnet zwar mit Veränderungen — allerdings versteht er den Kardinal so, dass es vor allem um die konkrete seelsorgerische Arbeit geht. „Woelki hat gesagt, dass wir die 85 bis 90 Prozent der Gemeindemitglieder im Blick behalten müssen, die nicht in die Gottesdienste kommen. Das erfordert einen geistlichen Umbruch“, sagt Kleine, der in Wuppertal die katholische Citykirche initiiert hat.

Der Pastoralreferent erlebt die von Woelki beschriebene Entkirchlichung tagtäglich. Seit zehn Jahren suchen er und seine Kollegin Katharina Nowak in den beiden Wuppertaler Fußgängerzonen das Gespräch mit den Passanten, um die Kirche zu ihnen zu bringen. „Es gibt Menschen, die mit Glaubens- und Lebensfragen auf uns zukommen, die nie in ein Pfarrhaus gehen würden. Manche kommen auch mit Frust und Kirchenkritik zu uns.“

Woelkis Plan, kirchliche Einrichtungen wie Kitas und Beratungsstellen stärker zu vernetzen, sieht der Wuppertaler als eine Chance, dass Kirchenarbeit im Alltag mehr wahrgenommen wird — in Form von sozialer Arbeit möglicherweise eher als in Gestalt der Kirche vor Ort.

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