Können es die Schotten alleine?

Soll Schottland als unabhängiger Staat weitermachen? Wirtschaftlich wäre das machbar. Und die Queen bliebe Staatsoberhaupt.

Können es die Schotten alleine?
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Edinburgh. Schottland steht vor der Wahl. Soll das kleine Land im Norden Englands als unabhängiger Staat weitermachen oder die mehr als 300 Jahre lange Kooperation mit England fortsetzen? 4,2 Millionen Menschen haben die Wahl — und müssen sich teils schwierige Fragen stellen:

Die Antwort der meisten Experten ist zumindest hinsichtlich der längerfristigen Perspektive ein klares Ja. Vor seinen Küsten lagern noch immer große Vorkommen an Erdöl und Erdgas, mit der Whisky-Industrie bringt ein weiterer Exportzweig Steuer-Milliarden in die Kasse. Schottland wäre eines der 20 wohlhabendsten Länder der Welt, sagt Ministerpräsident Alex Salmond. Ein effizientes Verwaltungssystem aufzuziehen, zugleich eine Armee zu formen und auch noch die Renten zu bezahlen dürfte in den ersten Jahren dennoch eine große Aufgabe werden.

Dies ist einer der meistdiskutierten Punkte in der Unabhängigkeits-Debatte. Die Befürworter bestehen darauf, dass Schottland das britische Pfund weiternutzen würde. In London haben aber sowohl Regierung als auch Zentralbank klargemacht, dass es keine Währungsunion geben werde. Schottland müsste das Pfund also ohne Einfluss auf die Geldpolitik nutzen.

Einer der Knackpunkte aus Sicht des restlichen Großbritanniens. Die 160 Atomsprengköpfe lagern auf U-Booten, die im schottischen Hafen Faslane stationiert sind. Das „neue“ Schottland will sie so schnell wie möglich loswerden. London steht dann vor der Alternative, seine nukleare Abschreckung abzuschaffen — mit enormen Konsequenzen für das europäische und weltweite Sicherheitsgefüge bis hin zum Weltsicherheitsrat. Oder für Milliarden Pfund einen neuen Hafen mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen zu bauen. Spekuliert wird über einen Deal: Atomwaffen gegen die Währungsunion.

Die Ölvorkommen lagern zu weit über 90 Prozent vor den Küsten Schottlands. Klar ist, dass die Schotten den größten Teil abbekommen würden, wenngleich die exakte Aufteilung erst noch verhandelt werden müsste. Vermutlich wurden von beiden Seiten im Wahlkampf über nichts mehr Lügen verbreitet als über die Ölvorräte. Wie viel tatsächlich noch da ist, wissen wenige und die sagen es nicht.

Viele Kommentatoren sagen Nein. Er selbst schloss einen sofortigen Rücktritt nach dem Referendum aber aus. Politologen halten ihn auch nicht für sinnvoll, würde eine Regierungskrise doch für noch mehr Unsicherheiten etwa auf den Finanzmärkten sorgen. Hinter den Kulissen wird aber bereits über Nachfolger spekuliert.

Zwischen Edinburgh und London würden am ersten Tag nach der Abstimmung die Verhandlungen beginnen. Im März 2016 soll dann bereits formal die Unabhängigkeit erklärt werden. Ein Zeitplan, den jedoch die meisten Experten vor allem in London für zu optimistisch halten.

Die Nachbarn halten sich aus der britischen Debatte heraus. Allerdings gilt als gesichert, dass kaum jemand in Europa Interesse an einem destabilisierten Großbritannien hat. Vor allem Länder wie Spanien, Italien oder Belgien, in denen es eigene Unabhängigkeitstendenzen einzelner Regionen gibt, schauen mit Argusaugen nach Edinburgh.

Oberhaupt bliebe Queen Elizabeth II. — eine Abschaffung der Monarchie ist nicht in Sicht. Die bisherige Grenze zwischen England und Schottland, knapp 100 Kilometer lang, würde künftig zur Staatsgrenze werden — allerdings wohl ohne Schlagbäume, so wie es bereits zwischen Irland und dem britischen Nordirland praktiziert wird.

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