Konvertiert: Arif ist endlich angekommen

Erst im November 2006 konvertierte Rüdiger Deutsch. Schon im Dezember ging er auf seine erste Hadsch.

Schleiden. Rüdiger Deutsch ist ein typisch "Eifeler Jung’". Bodenständig und mit breitem Dialekt. So kennt ihn die Bäckersfrau, bei der er seine Quarkbällchen kauft, so erleben ihn die Nachbarn und seine Freunde in dem 14 000 Einwohner-Städtchen Schleiden. Nur wenige wissen, dass es auch einen anderen Rüdiger Deutsch gibt, einen namens Arif. "Ich habe noch Probleme damit, meinen Glauben nach außen zu tragen", gibt der 67-Jährige etwas verschämt zu. Seit drei Monaten ist Deutsch Moslem. Und noch heute leuchten seine Augen, wenn er an den 30. November 2006 denkt. An jenem Tag legte er in der örtlichen Moschee des Sufi-Ordens seine Schahada, das Glaubensbekenntnis zum Islam, ab. Sein Scheikh, der Führer des Ordens, gab ihm den Namen Arif - der Angekommene, der Wissende. "Ich bin tatsächlich angekommen", sagt Deutsch.

"Wild aufgewachsen" und ohne religiöse Bindungen

Seine Erfahrungen will Arif teilen. "Informationen über den Islam sind wichtige Voraussetzungen für einen Dialog", betont er. "Das wäre ja schon viel in der heutigen Zeit." Doch er weiß auch, dass seit dem Terror vom 11. September 2001 große Teile der Gesellschaft dem Islam kritisch gegenüberstehen. Deshalb hat er bislang auch nur einem seiner fünf Brüder berichtet, dass er konvertiert ist. "Ich bin unsicher, wie die anderen es aufnehmen werden." Seine drei erwachsenen Kinder "respektieren es, ohne es direkt gut zu heißen". Deutsch passt nicht in das Klischee eines Menschen, der vom Christentum enttäuscht wurde und nun sein Heil im Islam sucht. Er sei "wild aufgewachsen", ohne religiöse Bindungen. Ein Studium der Religion und Musik bricht er ab, stattdessen lernt er Industriekaufmann. Mit 32 übernimmt er von seinem Vater ein mittelständisches Unternehmen in der Eifel. Er baut Spielautomaten, eine Aufgabe, die ihm zuwider ist. "Ich dachte nur an die Folgen - Spielsucht, Beschaffungskriminalität." 1989 dann der Zusammenbruch: Die Firma macht Konkurs, die Ehe zerbricht. Es folgen drei Jahre Psychiatrie, neun Jahre in einer Werkstatt für psychisch Beeinträchtigte. "Ich konnte mit den Menschen nichts mehr anfangen." Eine neue Gruppenleiterin hilft ihm, "ins Leben zurückzukehren".

Mit den Kindern besucht Deutsch den Koran-Unterricht

Dass diese Frau einst zum Islam konvertierte, erfährt er erst im Sommer 2006. Sie ermuntert ihn zum Besuch eines Dhikr - des wöchentlichen Gottesgedenkens. "Obwohl ich gar nichts verstand, fühlte ich mich zu Hause", erzählt Deutsch. "Ich lernte, mich nicht so wichtig zu nehmen." Mit den Kindern der islamischen Gemeinde besucht er den Koran-Unterricht, "denn ich muss die Dinge nachholen, die für einen Moslem selbstverständlich sind".

Er wird herangeführt an seine religiösen Pflichten - wie das fünfmalige Beten am Tag. "Mehr als zwei Mal schaffe ich noch nicht", gibt Deutsch zu. Doch der Scheikh zeige Verständnis. Allein die gute Absicht zähle. Auch das Alkoholverbot fiel Arif anfangs ein wenig schwer - zu gerne trank er mal ein Glas Wein.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort