Maltas Außenminister soll neuer EU-Kommissar werden

Brüssel/Valletta (dpa) - Maltas Außenminister Tonio Borg soll in der EU-Kommission seinen zurückgetretenen Landsmann John Dalli ersetzen. Der 64-jährige Dalli hatte im Zusammenhang einer Betrugs- und Bestechungsaffäre seinen Hut genommen.

Regierungschef Lawrence Gonzi habe Behördenchef José Manuel Barroso über die Nominierung Borgs informiert, teilte die Regierung in Valletta am Samstagabend mit. Der 55 Jahre alte Borg ist stellvertretender Ministerpräsident und ein Experte für öffentliches Recht.

Die EU-Kommission hielt sich zum Vorstoß aus Valletta bedeckt. Es gebe zurzeit „keine Reaktion“, sagte ein Sprecher der Behörde der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag in Brüssel.

Der für Verbraucherschutz zuständige Dalli soll von Geldforderungen eines Bekannten an die Tabakindustrie zur Änderung der EU-Tabakgesetzgebung gewusst, aber darüber geschwiegen haben. Der am Dienstag zurückgetretene Kommissar bestreitet die Vorwürfe.

Dalli sollte sich nach einem Medienbericht für die Aufhebung des Handelsverbots für einen schwedischen Lutschtabak einsetzen. Dafür hätten ihm 10 Millionen Euro gewunken, schreibt die „Bild am Sonntag“. Treibende Kraft hinter dem Bestechungsversuch war demnach ein Malteser Geschäftsmann. Für 60 Millionen Euro soll er dem Tabakkonzern Swedish Match angeboten haben, eine Aufhebung des EU-weiten Handelsverbots für den Lutschtabak „Snus“ durch Dalli zu erreichen. An Dalli sollten 10 Millionen Euro direkt überwiesen werden, schreibt das Blatt. Laut Swedish Match schlug der Konzern das Angebot aus und informierte die EU-Kommission.

Die Nominierung Borgs wurde aus dem Europaparlament begrüßt. Die Regierung in Valletta handele verantwortlich, sagte der Fraktionsvorsitzende der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Joseph Daul. Zur EVP gehören unter anderen CDU und CSU aus Deutschland. „Europa ist mit einer schweren Wirtschaftskrise konfrontiert“, erklärte Daul. „Um die Krise richtig zu bekämpfen, braucht es eine voll funktionierende und fokussierte EU-Kommission.“

Dalli selbst richtet inzwischen schwere Vorwürfe an Barroso. „Ich habe damit gerechnet, dass mich Barroso unterstützt und mir wenigstens die Zeit geben würde, um die Beschuldigungen zu prüfen. Diese habe ich nicht bekommen“, beklagte er. Er habe um eine Bedenkzeit von 24 Stunden gebeten, die ihm nicht gewährt wurde, sagte Dalli der maltesischen Zeitung „Malta Today“.

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