Nato-Einsatz für Bundeswehr?

Vermutlich werden 170 Soldaten auf Bitten der Türkei an der syrischen Grenze stationiert.

Berlin. Seit Wochen wird darüber spekuliert, ob und wann Bundeswehrsoldaten ins westafrikanische Mali geschickt werden. Jetzt sieht es so aus, als ob diesem Einsatz eine noch umfangreichere, politisch heiklere und möglicherweise auch gefährlichere Auslandsmission zuvorkommt.

Noch vor Weihnachten könnten 170 Soldaten mit ein bis zwei Raketenabwehrsystemen vom Typ Patriot in der Türkei an der Grenze zu Syrien stationiert werden — zum Schutz vor Angriffen aus dem Nachbarland.

Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ will die Türkei schon heute bei der Nato um Patriots bitten. Nur drei Bündnispartner verfügen darüber: Die USA, die Niederlande und Deutschland.

Die Bundeswehr verfügt über 24 der aus Abschussrampen und Radaranlagen bestehenden Systeme. Für Bedienung und Wartung werden etwa 85 Soldaten benötigt. Im Gespräch ist nun, dass ein oder zwei deutsche Patriot-Staffeln in die Türkei geschickt werden.

Dass die Bundesregierung eine Anfrage ablehnt, gilt als extrem unwahrscheinlich. Nach Libyen kann sich Deutschland ein erneutes Ausscheren aus einem Nato-Einsatz kaum leisten.

An den Luftangriffen auf das nordafrikanische Land wollte sich die Bundesregierung im vergangenen Jahr nicht beteiligen und enthielt sich auch bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat dazu. Vorübergehend wurden sogar die deutschen Schiffe im Mittelmeer aus den Nato-Verbänden abgezogen. Bei den Bündnispartnern wurde das mit Verwunderung und teilweise auch mit Verärgerung aufgenommen.

Die Entsendung der Patriots würde es der Bundesregierung zudem ermöglichen, sich bei der geplanten EU-Ausbildungsmission in Mali etwas zurückzunehmen. Die Europäer wollen die malische Armee trainieren, damit sie zusammen mit afrikanischen Verbündeten den von Islamisten beherrschten Norden des Landes wieder unter ihre Kontrolle bringen kann.

Die Schätzungen, wieviele deutsche Soldaten dort zum Einsatz kommen könnten, bewegen sich zwischen 20 und 80. Die Federführung dürfte aber der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich zukommen.

Innenpolitisch könnte eine Türkei-Mission der Bundesregierung allerdings Probleme bereiten. Kritiker befürchten, dass die Bundeswehr in den syrischen Bürgerkrieg hineingezogen werden könnte. „Der Einsatz von Hunderten deutschen Soldaten mit Patriot-Raketen würde uns in der jetzigen Situation auf eine sehr glatte Rutschbahn zu einem Syrien-Einsatz selbst führen“, sagte der Grünen-Verteidigungsexperte Omid Nouripour.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte solche Bedenken bereits bei einem Außen- und Verteidigungsministertreffen in Paris zurückgewiesen: „Das dient einzig und alleine — wenn man es machte — dem Schutz der Türkei und wäre keinerlei Einmischung in den syrischen Bürgerkrieg.“ Ob der Bundestag dem Einsatz zustimmen müsste, ist noch unklar.

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