Nato will notfalls Türkei gegen Syrien beistehen

Brüssel/Damaskus (dpa) - Die Nato ist notfalls bereit, der Türkei militärisch gegen Syrien beizustehen. Bündnis-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen verschärfte am Dienstag den Ton gegenüber dem syrischen Regime und forderte mehr internationalen Druck auf die Regierung von Präsident Baschar al-Assad.

Zugleich bekräftigte er am Rande eines Treffens der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel, die Nato sei bereit, notfalls ihr Mitglied Türkei gegen syrische Angriffe zu schützen. „Selbstverständlich haben wir angesichts der Lage an unserer südöstlichen Grenze die nötigen Schritte ergriffen, um sicherzustellen, dass wir alle Pläne für den Schutz und die Verteidigung der Türkei vorliegen haben“, sagte Rasmussen. „Natürlich kann die Türkei auf die Solidarität des Bündnisses vertrauen.“

In den vergangenen Tagen waren immer wieder Granaten aus Syrien im türkischen Grenzgebiet eingeschlagen. Die Türkei hatte zurückgefeuert, bisher aber keine Bodentruppen oder die Luftwaffe eingesetzt und vor allem keinerlei Hilfe der Nato erbeten.

„Es ist nötig, den Druck auf das syrische Regime zu erhöhen, um einen Prozess in Gang zu setzen, der zu einer Berücksichtigung der legitimen Hoffnungen des syrischen Volkes führt“, sagte der Nato-Generalsekretär. Dies sei aber keine militärische Aufgabe der Nato, sondern „zuallererst eine Verantwortung der internationalen Gemeinschaft, die durch den UN-Sicherheitsrat vertreten wird: Das ist das verantwortliche Organ für Frieden und Sicherheit.“ Er mahnte: „Wir hoffen, dass alle Seiten Zurückhaltung zeigen und eine Eskalation der Krise vermeiden.“

Für eine Deeskalation sprach sich auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) aus. Er sagte: „Wir halten für richtig, dass die Türkei entschlossen und besonnen reagiert hat und reagieren wird. Und alle sollten daran arbeiten, dass es dabei bleibt.“ Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte das syrische Regime auf, „alle Provokationen und Übergriffe an der syrisch-türkischen Grenze sofort einzustellen“.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte das Regime von Präsident Baschar al-Assad auf, einseitig eine Waffenruhe auszurufen. Die Situation sei inakzeptabel, sagte er nach einem Gespräch mit dem französischen Präsidenten François Hollande in Paris. Die Regierungstruppen sollten sofort alle Kampfhandlungen einstellen. Sobald dies geschehen sei, müsse die Waffenruhe auch von der Opposition akzeptiert werden. Ban sagte, Drittstaaten sollten keine weiteren Waffen mehr an die Konfliktparteien liefern.

Nach Informationen der BBC benutzen die syrischen Rebellen inzwischen auch Waffen aus den Beständen der Armee von Saudi-Arabien. Der britische Sender berichtete, die Kämpfer hätten einem BBC-Team verboten, in der Stadt Aleppo drei Kisten zu filmen, die von einem Waffenhersteller stammten und an die saudische Armee adressiert waren. Wichtigster Waffenlieferant des Regimes ist Russland.

Nach einem Granatenangriff der Regierungstruppen auf den syrischen Ort Al-Atarib in der Nähe der türkischen Grenze wurden am Dienstag 19 Verletzte von Angehörigen in die Türkei gebracht. Das meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Eine Mörsergranate sei dort in einem Wohnviertel detoniert, viele Menschen seien getötet und verletzt worden. Eine in die Türkei gebrachte Syrerin starb, die anderen Verletzten wurden in verschiedenen Krankenhäusern in Antakya behandelt.

Der Vorsitzende des oppositionellen Syrischen Nationalrates (SNC), Abdelbaset Sieda, kehrte am Dienstag von seinem ersten Treffen mit Angehörigen der Freien Syrischen Armee (FSA) in Syrien zurück. SNC-Sprecher Chalid al-Masri sagte, Sieda sei am Montag von der Türkei aus in die Heimat gereist. Er habe in den Provinzen Idlib und Aleppo mit mehreren Kommandeuren der Armee der Revolutionäre gesprochen.

In einem belebten Viertel der Hauptstadt Damaskus detonierte ein Sprengsatz. Nach Angaben von Augenzeugen galt der Anschlag in der Nähe des Abbassiden-Platzes einem Fahrzeug der Sicherheitskräfte. Eine Gruppe militanter Islamisten bekannte sich unterdessen zu einem Anschlag auf den Geheimdienst der syrischen Luftwaffe am Montagabend. In einem Bekennerschreiben, das von Islamisten-Websites im Internet veröffentlicht wurde, hieß es, die Al-Nusra-Front habe auf dem Gelände des Geheimdienstes in Harasta bei Damaskus zehn Kilogramm TNT zur Explosion gebracht. Verlässliche Angaben zu möglichen Opfern lagen nicht vor. Landesweit zählte die Opposition am Dienstag 90 Tote, darunter 28 Angehörige der Regierungstruppen.

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