Salafisten haben starken Zulauf - Verfassungsschutz erwartet Verdreifachung

Die Salafisten in Nordrhein-Westfalen verzeichnen einen besorgniserregenden Zustrom. Ein wachsender Teil von ihnen schließt sich islamistischen Kampfgruppen im Ausland an.

Düsseldorf (dpa) - Die radikalislamischen Salafisten haben in Nordrhein-Westfalen enorm starken Zulauf. Der Verfassungsschutz rechnet mit einer Verdreifachung ihrer Zahl auf 1500 Anhänger binnen zwei Jahren. Das gab NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Montag bekannt, als er den neuen Verfassungsschutzbericht vorstellte. Auch die Zahl rechtsextremer Gewalttaten erreichte einen neuen Hochstand, der Zulauf zu rechten Gruppen stagnierte dagegen.

Im Jahr 2011 war die Zahl der Salafisten in NRW noch auf 500 beziffert worden, 2012 hatte sie sich bereits auf rund 1000 verdoppelt. Bis Ende 2013 werde sie voraussichtlich bei 1500 liegen.

Besondere Sorgen bereite die steigende Zahl ausreisender Salafisten, die sich islamistischen Milizen in Syrien und Afrika anschließen. Im vergangenen Jahr seien 40 junge Männer aus NRW in den Dschihad („Heiligen Krieg“) gezogen. In diesem Jahr seien es bereits mehr als 20. Dabei habe sich Ägypten zusätzlich zur Türkei als Transitland herausgestellt. Die Rückkehrer gelten als besonderes Sicherheitsrisiko.

Das Land will dem Trend mit dem Aussteiger- und Präventionsprogramm „Wegweiser“ begegnen. Es soll in Bochum, Bonn und Düsseldorf starten. Als weitere salafistische Hochburgen nannte Verfassungsschutz-Chef Burkhard Freier Aachen, Köln und Solingen. 20 bis 30 der 850 Moscheen in NRW seien Treffpunkte und Sammelbecken von Salafisten.

Im vergangenen Jahr war die Situation nach Provokationen von Rechtsradikalen eskaliert. Salafisten hatten bei Ausschreitungen in Bonn und Solingen Polizisten verletzt. In diesem Jahr sollen sie sogar einen Mordanschlag auf den Chef der rechtsradikalen Partei Pro NRW geplant haben. Auch für den gescheiterten Bombenanschlag am Bonner Hauptbahnhof gibt es Hinweise auf einen salafistischen Hintergrund.

Mit 192 Gewalttaten (Vorjahr 190) erreichte die Zahl der schweren Straftaten aus der rechten Szene einen neuen Höchststand der vergangenen zehn Jahre. Die Zahl der gesamten Straftaten von Rechtsextremisten stieg ebenfalls leicht auf 3024 Taten. Die Zahl der Mitglieder rechtsextremer Gruppen sei 2012 bei 3660 stagniert. Die Zahl der Aussteiger, die vom Land betreut werden, habe sich dafür verdoppelt - derzeit werden rund 40 Abtrünnige betreut.

Der Druck auf die rechtsextreme Szene habe Teile davon verunsichert. Das Verbot der rechten „Kameradschaften“ in Köln, Aachen, Dortmund und Hamm sei erfolgreich gewesen, so der Innenminister. Der harte Kern dieser Gruppen nutze allerdings die Partei „Die Rechte“ als Auffangbecken: „Die Neonazis verkriechen sich hinter dem Schutzschild des Parteienprivilegs“, sagte Jäger.

Für die Europawahl habe diese Partei auf dem ersten Listenplatz einen in Untersuchungshaft sitzenden Neonazi aufgestellt. Auf Platz Zwei folge ein verurteilter Veranstalter mehrerer Gedenkmärsche für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess.

Rückläufig waren dagegen die Straftaten aus dem linksextremen Spektrum: Sie sanken von 1300 auf knapp unter 1000 Taten. Die Zahl der Gewalttaten ging von 220 noch deutlicher auf unter 150 zurück. Deutlich rückläufig war auch die politische Kriminalität von Ausländern: Sie ging um rund ein Viertel auf 200 Straftaten zurück. Die Zahl der Gewalttaten halbierte sich dabei sogar auf 36.

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