NRW Der Blitz-Marathon steht auf der Kippe

Das Flüchtlingsthema bindet auch Landes- und Bundespolizisten. Deswegen soll der Aktionstag weder im Herbst noch 2016 stattfinden.

NRW: Der Blitz-Marathon steht auf der Kippe
Foto: dpa

Düsseldorf. Wegen der Überlastung der Polizei ist der eigentlich für diesen Herbst geplante Blitz-Marathon abgesagt worden. Und auch der nächste Blitz-Marathon im April 2016 wird wohl nicht stattfinden können. Das geht aus internen Dokumenten der deutschen Innenministerkonferenz hervor, die unserer Zeitung vorliegen.

Kein Blitzmarathon in diesem Jahr mehr.

Kein Blitzmarathon in diesem Jahr mehr.

Foto: Young David (DY)

Zwar dementierten das nordrhein-westfälische und das rheinland-pfälzische Innenministerium am Dienstag noch, dass der für April 2016 geplante europaweite Blitz-Marathon in Gefahr sei. Doch in einem Schreiben des Vorsitzenden eines Arbeitskreises der Innenministerkonferenz heißt es: „Aufgrund der nicht absehbaren Entwicklung der Flüchtlingssituation und der daraus resultierenden Aufgaben der Polizei wurde durch alle AK II-Mitglieder einstimmig entschieden, dass die Vorbereitung der nächsten länderübergreifenden Geschwindigkeitskontrolle bis auf weiteres zurückgestellt wird.“ „AK II“ bezeichnet den Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz. Zwar müssen die 16 deutschen Landesinnenminister dem Beschluss noch zustimmen, doch gilt dies als reine Formsache.

Als Erfinder des Blitz-Marathons gilt der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD), seit 2012 haben in NRW acht Blitz-Marathons stattgefunden. Am letzten während des 16. und 17. April beteiligten sich zunächst alle Bundesländer und 21 europäische Staaten. In vielen Bundesländern beschränkte sich der Marathon aber nur auf den 16. April, da am 17. April die Trauerfeier für die Opfer des Germanwings-Flugzeugabsturzes in Köln stattfand.

Zwar wird auf höchster politischer Ebene der Sinn der personalintensiven Blitz-Marathons durchaus gelobt, schließlich ist das Rasen auf deutschen Straßen immer noch die häufigste Ursache tödlicher Unfälle. Doch bei vielen der Tausenden Beamten, die die 24 Stunden dauernden Blitzaktionen auf den Straßen bestreiten müssen, sind die Aktionstage nur mäßig beliebt. Vor allen Dingen deswegen, weil viele Polizeibehörden Tausende Überstunden ihrer Beamten vor sich herschieben und sich die Arbeit auf den Schreibtischen der Kriminalpolizisten stapelt.

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, ist sich zwar der Tatsache bewusst, dass die Absage des nächsten Blitz-Marathons noch nicht offiziell ist, doch sagte er unserer Zeitung: „Sie glauben doch nicht im Ernst, dass ein Innenminister in dieser Situation noch einen Blitz-Marathon vorbereiten lässt?“

Wendt erklärte weiter, dass die Polizei schon vor der großen Flüchtlingswelle nicht mehr all ihren Aufgaben in den vergangenen Jahren angemessen habe nachkommen können. Doch spätestens in diesem Jahr seien noch folgende drei Aufgaben hinzugekommen: Schutz der Flüchtlingsunterkünfte vor Anschlägen, Schutz der Zivilbevölkerung vor Straftaten, die von in Flüchtlingsunterkünften lebenden Menschen begangen werden und Wiederherstellung eines geordneten Registrierungsprozesses, der seit Anfang September nicht mehr flächendeckend eingehalten werden konnte.

„Wer in den Innenministerien jetzt noch dabei ist, einen Blitz-Marathon vorzubereiten, der soll schnellstens den Bleistift aus der Hand legen, zur nächsten Flüchtlingsunterkunft gehen und bei der Registrierung helfen“, sagte Wendt.

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