Duisburger „Problemhäuser“ dicht - Roma sollen sich selbst versorgen

Unbewohnbar und menschenunwürdig nennt ein Sozialarbeiter die Verhältnisse in den jetzt geschlossenen Problemhäusern in Duisburg. Wo arme Zuwanderer hinsollen, wenn eine Schrottimmobilie dicht gemacht wird, bleibt ungeklärt.

Das sogenannte Problemhaus. (Archivfoto vom März)

Das sogenannte Problemhaus. (Archivfoto vom März)

Foto: Oliver Berg

Duisburg. Dort, wo andere niemals einziehen würden, leben noch 100 Menschen, viele von ihnen Kinder. Bis Ende Juli müssen auch sie raus aus den Häusern, die als Duisburger „Problemhäuser“ traurige Berühmtheit erlangten.

Mehr als tausend arme Zuwanderer aus Rumänien, viele von ihnen Roma, waren es einmal, die hier auf engstem Raum lebten, während die Häuser immer mehr verwahrlosten. Die tristen Mietkomplexe sind längst zum Symbol geworden: Für die Notlage vieler Roma-Familien, die vor Diskriminierung und bitterer Armut fliehen - und für Kommunen, die mit dem Zuzug sehr armer Südosteuropäer überfordert sind. Rechte nutzten die Bilder der vermüllten Wohnhäuser, um Stimmung gegen Zuwanderer zu machen. Am Mittwoch erklärte die Stadt Duisburg die Häuser für unbewohnbar.

Die meisten Familien seien längst weg, als die Zustände schlimmer wurden und absehbar war, dass die Stadt bald eingreifen würde, berichtet Eduard Pusic, Leiter des Familienhilfeprojektes für Menschen aus Südosteuropa bei der städtisch mitfinanzierten Initiative „ZOF - Zukunftsorientierte Förderung“. Wohin die restlichen Familien nun sollen, ist ungewiss.

Die Stadt Duisburg geht davon aus, dass sie sich „selbst versorgen“ wie es die Sprecherin des Ordnungsamtes ausdrückt. Leerstand gebe es ja in der Stadt genug. So bleibt den meisten wohl nur der Umzug in die nächste Schrottimmobilie. Vermieter von passablem Wohnraum dürften sich in vielen Fällen schwertun mit dem Mietvertrag für die Großfamilien. Meist sind sie ohne Arbeit, es fehlt die ausreichende Sprachkenntnis und oft leben sie nur vom Kindergeld.

Die Entscheidung die Häuser an der Straße „In den Peschen“ endgültig dicht zu machen, hält Pusic dennoch für notwendig, auch wenn die meisten Bewohner am Mittwoch ungehalten auf die Auszugs-Nachricht reagiert hätten. „Wir fordern seit Monaten, dass da etwas geschieht. Der Ort ist nicht nur unbewohnbar, er ist auch menschenunwürdig“. Er erzählt von Müll, von einer Rattenplage, von Gestank und von haarsträubenden Stromverkabelungen. „Wir hatten Menschen, die von einer Lampe im Flur Strom abgezweigt haben, um mit ihrem Zweiplattenkocher die Wohnung zu heizen“.

Das war, bevor der Vermieter Strom und Gas habe abstellen lassen, weil sich unbezahlte Rechnungen türmten. Zum Ende des Monats soll nun auch die Wasserversorgung gekappt werden. Spätestens dann müsse das Haus leer sein, entschied die Stadt. Das im April im Landtag verabschiedete neue Wohnungsaufsichtsgesetz macht das rigorose Durchgreifen möglich: Weigert sich der Vermieter, etwas gegen unhaltbare Wohnzustände zu tun, müssen die Bewohner ausziehen. Vermietet er neu ohne etwas verbessert zu haben, droht ein Bußgeld.

Man wolle dem Vermieter schaden, nicht den Mietern, betont die Stadt Duisburg. So hatte auch Bauminister Michael Groschek (SPD) das neue Gesetz begründet: „Wir treffen mit diesem Gesetz nur die schwarzen Schafe unter den Vermietern, die zwar gerne abkassieren, aber nichts in ihre Gebäude investieren wollen.“ 50 weitere Häuser will man daher in Duisburg unter die Lupe nehmen. Auch andere Städte im Ruhrgebiet haben das neue Gesetz genutzt, um Wohnungen dicht zu machen.

Geschlossene Problemhäuser schaffen Missstände nicht aus der Welt, weiß auch Pusic. „Das Problem verlagert sich nur“. Die Familien zögen weiter in andere Stadtteile oder andere Städte. „Jetzt im Sommer gehen viele auch nach Spanien oder Frankreich“. Armut und Perspektivlosigkeit ziehen mit.

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