Flüchtlinge: NRW bessert nach

Am Mittwoch findet der zweite Flüchtlingsgipfel statt. Was sich bislang in NRW getan hat und wo es noch Defizite gibt.

Düsseldorf. Die Versorgung und Betreuung von Flüchtlingen in NRW ist auch sieben Monate nach dem Flüchtlingsskandal ein brisantes Thema. Allein im Februar stellten 4370 Menschen in Nordrhein-Westfalen einen Asylantrag — eine Steigerung um 105 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig steht die Flüchtlingsunterbringung in NRW nach Bekanntwerden grober Missstände mehr denn je auf dem Prüfstand.

Am Mittwoch kommen auf Einladung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Vertreter von Politik, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Flüchtlingsorganisationen und Kirchen zusammen, um über die Flüchtlingsbetreuung im Land zu debattieren. Probleme gibt es zur Genüge:

Seiteneinsteiger-Klassen für schulpflichtige Flüchtlingskinder, allgemeingültige Qualitätsstandards für Wohnheime, mehr Beteiligung des Bundes an den Kosten, Unterstützung der Kommunen bei der Betreuung von Geduldeten — es gibt viele und sehr grundlegende Forderungen zum Thema Flüchtlingsbetreuung, die dringend geklärt werden müssen. Ob sie am Mittwoch auf der Tagesordnung stehen? „Das wissen wir nicht. Uns wurde im Vorfeld nicht mitgeteilt, was genau besprochen werden soll“, sagt der Vertreter eines Wohlfahrstverbandes, der mehrere Flüchtlingsheime des Landes betreut und auch am Mittwoch mit am Tisch sitzen wird.

Die Liberalen im Landtag fordern unter anderem, dass sich die Landesregierung für deutlich straffere Asylverfahren einsetzt und die Kommunen weiterhin finanziell entlastet.

Kurz nach Bekanntwerden von Misshandlungen in Flüchtlingsheimen des Landes hatte Kraft schon einmal einen Flüchtlingsgipfel ins Leben gerufen. Damals lag der Schwerpunkt vor allem darauf, mehr Kontrollen in den Landeseinrichtungen zu schaffen. Unter anderem wurde die Bezirksregierung Arnsberg als zuständige Behörde personell aufgestockt. Der Betreiber eines Flüchtlingsheimes bestätigt zudem auf Nachfrage unserer Zeitung, dass inzwischen regelmäßig Kontrollbesuche in den Einrichtungen stattfinden.

Allerdings: Das Innenministerium hat bis jetzt noch keine verbindlichen Standards für die Heime aufgestellt. Was genau kontrolliert werden soll, ist somit nicht eindeutig festgelegt. Die Piratenfraktion im Landtag fordert deshalb, das Thema auf dem Gipfel entscheidend voranzubringen.

Auf dem ersten Gipfel wurde den Kommunen deutlich mehr Geld zugesagt, später wurde diese Summe sogar verdoppelt. Insgesamt fließen in diesem Jahr 91 Millionen Euro mehr in die Kommunen als im Jahr zuvor.

Doch ein Zankapfel bleibt: Geld erhalten die Städte vor allem für Asylbewerber. Sie beherbergen aber auch zahlreiche Flüchtlinge, deren Anträge längst abgelehnt wurden, die aber aus humanitären Gründen nicht in ihre Heimatländer abgeschoben werden können. Allein in Wuppertal übersteigt der Anteil dieser Personen den Anteil der Asylsuchenden um das 1,5-Fache. Der Städte- und Gemeindebund fordert deshalb, dass die Kommunen mit insgesamt 500 Millionen Euro vom Land entlastet werden.

Mehr als 10 000 reguläre Plätze stellt das Land NRW in diesem Jahr für Flüchtlinge zur Verfügung — so wurde es im Oktober beschlossen. Allerdings ging man damals noch davon aus, dass in diesem Jahr ähnlich viele Menschen nach NRW kommen als 2014. Ein Trugschluss, wie sich herausstellte. Das Land rechnet inzwischen im gesamten Jahr mit 60 000 Asylbewerbern — 17 000 mehr als zunächst veranschlagt.

Entsprechend überlastet sind weiterhin die Unterkünfte von Land und Kommunen. Im März waren mehr als 1300 Menschen lediglich in Notunterkünften des Landes untergebracht. In Mettmann werden demnächst Flüchtlinge in einer Turnhalle untergebracht. In Krefeld geschieht das bereits. Kaarst sucht nach Privatunterkünften.

Ein weiteres Problem ist eine zunehmende Skepsis gegenüber neuen Flüchtlingsunterkünften. In Düsseldorf hat sich eine Bürgerinitiative gegen die angeblich schlechte Informationspolitik der Stadt gegründet. In Wuppertal drangen am Wochenende Rechtsextreme in ein Flüchtlingsheim ein.

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