Eigenbedarf Gekündigt wegen Asylbewerbern

Wohnraum für Flüchtlinge ist knapp. Zwei Mieter in einer Kleinstadt in Ostwestfalen müssen jetzt ausziehen — auf städtische Anweisung.

Wohnraum ist knapp: Die ostwestfälische Stadt Nieheim hat jetzt zwei Mietern gekündigt, um in den Wohnungen Flüchtlinge unterzubringen.

Wohnraum ist knapp: Die ostwestfälische Stadt Nieheim hat jetzt zwei Mietern gekündigt, um in den Wohnungen Flüchtlinge unterzubringen.

Foto: dpa

Nieheim/Düsseldorf. Um Platz für Flüchtlinge zu schaffen, hat die ostwestfälische Kleinstadt Nieheim zwei Mietern von städtischen Wohnungen gekündigt. Es handele sich dabei um „Kündigungen aus berechtigtem Interesse“ nach § 573 des Bürgerlichen Gesetzbuches, sagte der Bürgermeister der Stadt, Rainer Vidal (parteilos). Der Grund für den Schritt sei die große Zahl alleinreisender junger Männer, die der Stadt zugewiesen werden. Viele private Vermieter seien bei deren Unterbringung zurückhaltend. Deshalb müsse die Stadt eigenen Wohnraum suchen, um die Männer in Gruppen unterzubringen.

Der Deutsche Mieterbund äußerte Kritik an dem Vorgehen. Es sei „rechtlich problematisch und politisch katastrophal“, sagte ein Sprecher am Donnerstag. Die Stadt begebe sich auf „extrem dünnes Eis.“ Eine berechtigte Kündigung könne angezweifelt werden.

Vidal sagte, die Entscheidung sei wohlüberlegt und rechtlich nicht so unsicher, wie behauptet. „Sonst wären wir den Weg nicht gegangen.“ Für die Asylbewerber habe er keine andere Möglichkeit gesehen. Statt zwei Mietparteien mit vier Personen wären sonst Tausend Personen betroffen gewesen, wenn etwa die Turnhalle als Unterkunft gewählt worden wäre.

In Wuppertal und Düsseldorf seien solche Fälle unvorstellbar, sagten Mitarbeiter der Städte. In Wuppertal sei die Immobiliensituation ganz anders, und in Düsseldorf habe man andere Lösungen gefunden. Miriam Koch, Flüchtlingsbeauftragte der Stadt Düsseldorf, verwies auf die Kritik, die es gegeben habe, weil ein Bürogebäude für Flüchtlinge hergerichtet werden sollte.

Klaus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat sagte, solche Entscheidungen seien Wasser auf die Mühlen der „besorgten Bürger“. Für Vidal ist das Problem eher der öffentliche Umgang mit dem Thema. „Ich kann doch eine gut durchdachte Entscheidung nicht treffen, weil ich nicht will, dass sie falsch verstanden wird“, sagte er. Zudem habe doch eine Entscheidung in Nieheim keinen Einfluss auf die Willkommenskultur im restlichen Land.

In Nieheim wohnen derzeit 71 Asylbewerber. In Zukunft sollen pro Monat rund 20 hinzukommen, sagte Vidal. Seine Hauptaufgabe sieht der Bürgermeister jetzt darin, sich gut mit den Mietern zu einigen. Mit einer Partei habe sich die Stadt bereits verständigt. Bis August 2016 könne sie noch in der städtischen Wohnung leben, so der Bürgermeister. Bekanntgeworden war die Entscheidung, weil die andere Mieterin Kritik geübt hatte. Die 51-Jährige habe noch bis Mai 2016 Zeit, sich eine neue Wohnung zu suchen. Hierbei wolle die Stadt aktive Hilfe leisten, sagte Vidal. Vor allem für Alleinstehende gebe es ausreichend Wohnraum, es fehle aber an Platz für größere Gruppen.

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