Grünen-Chefin Düker: „Wir sind natürlich bürgerlich“

Düsseldorf. Monika Düker, Chefin der NRW-Grünen, war von Göring-Eckardt überrascht und schließt keine Koalition aus.

Frau Düker, wie sehr hat Sie das Ergebnis des Mitgliederentscheids Ihrer Partei zur Spitzenkandidatur überrascht?

Düker: Ganz ehrlich: Das hat uns alle komplett überrascht.

Was hat Katrin Göring-Eckardt, was Claudia Roth nicht hat?

Düker: Die Basis hat uns das klare Signal gesendet, dass wir eine Partei mit einem ganz breiten Spektrum sind. Wir haben rund 30 Prozent Mitglieder, die erst in den vergangenen Jahren eingetreten sind. Für sie und andere ist Katrin Göring-Eckardt ein frisches Gesicht. Sie wollten bewusst eine Ostdeutsche, die einen bürgerlichen Hintergrund hat, wertkonservativ ist, aber gleichzeitig Gerechtigkeitsfragen sehr stark im Blick hat.

Ist die Personalie ein Signal für schwarz-grüne Bündnisse?

Düker: Das ist ein klares Signal für grüne Eigenständigkeit und für ein breites inhaltliches und personelles Angebot. Wir gehen mit einer klaren Aussage in den Bundestagswahlkampf — unser Ziel ist eine Koalition mit der SPD. Daran hat sich mit der Spitzenkandidatin nichts geändert.

Was können Sie mit der Bewertung anfangen, die Grünen seien nun eine bürgerliche Partei?

Düker: Ich stamme aus einer bürgerlichen Familie. Für mich ist bürgerlich längst kein ,Kampfbegriff’ mehr, bürgerlich und links schließt sich nicht aus. Bürgerlich ist schon lange nicht mehr der Spießer mit dem Jägerzaun. Bürgerlich ist heute modern und bedeutet, Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen zu wollen. Also sind wir im besten Sinne bürgerlich.

Käme die NRW-CDU perspektivisch als Partner für Ihre Partei infrage?

Düker: Auch diese Frage stellt sich jetzt überhaupt nicht. Wir haben eine gute Koalition mit der SPD unter Hannelore Kraft. Aus unserer guten Erfahrung im Landtagswahlkampf kann ich aber nur sagen: Es ist gut, sich klar für Rot-Grün auszusprechen. Aber man darf andere Optionen auch nicht grundsätzlich ausschließen. Die SPD schließt schließlich eine große Koalition auch nicht aus.

Es fällt auf, dass die Grünen sich viel stärker als früher um soziale Themen kümmern. Wollen Sie dort der SPD das Wasser abgraben?

Düker: Es geht uns um den Begriff der Gerechtigkeit. Das bedeutet nicht einen Wettstreit um immer mehr Verteilung. Sondern das bedeutet zum Beispiel auch, für faire Strompreise und für eine gute Bildung oder Gesundheitsversorgung auf dem Land einzutreten.

In der kommenden Woche stellt Ihr Landesverband die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl auf. Wer wird die NRW-Grünen in den Wahlkampf führen?

Düker: Bärbel Höhn wird für den ersten Platz kandidieren, und ich gehe davon aus, dass sie ein gutes Ergebnis erhalten wird.

Sie haben in den vergangenen Jahren immer wieder vor den Gefahren des Rechtsextremismus gewarnt. Wie bewerten Sie die jüngsten Enthüllungen, dass die NRW-Sicherheitsbehörden Hinweise auf einen Terroranschlag in der Kölner Keupstraße vertuscht haben?

Düker: Die NSU-Morde haben ein katastrophales Versagen der Sicherheitsbehörden im ganzen Land offenbart. Welche Ermittlungsfehler und welche strukturellen Mängel dazu geführt haben, muss im Untersuchungsausschuss des Bundestages, den wir Grünen initiiert haben, lückenlos aufgeklärt werden. Alle dafür notwendigen Unterlagen hat die Landesregierung zur Verfügung gestellt. Sie liegen auf dem Tisch.

Die Geschichte der NSU-Terrorgruppe ist für die Hinterbliebenen der Opfer schmerzlich und kaum nachvollziehbar. Welche Konsequenzen müsste das nach Ihrer Ansicht haben?

Düker: Wir brauchen den Verfassungsschutz weiter als Frühwarnsystem. Aber er muss seine Kräfte bündeln und sich auf die Bekämpfung des gewaltorientierten Islamismus und des Rechtsextremismus konzentrieren. Der Verfassungsschutz muss aber auch Vertrauen zurückgewinnen und besser kontrolliert werden sowie transparenter arbeiten. Generell gilt: Alle Sicherheitsbehörden haben versagt, nicht nur der Verfassungsschutz.

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