Initiative will Abschaffung des Turbo-Abiturs und Rückkehr zu G9

2005 ist die Regelschulzeit an NRW-Gymnasien auf acht Jahre verkürzt worden. Das Turbo-Abitur bleibt weiter umstritten. Eine landesweite Initiative sieht nur Nachteile und fordert: Zurück zu G9.

Düsseldorf (dpa). Die Verkürzung der Regelschulzeit auf acht Jahre an nordrhein-westfälischen Gymnasien (G8) ist nach Ansicht einer landesweiten Bürgerinitiative gescheitert. Die rot-grüne Landesregierung solle den mehrheitlichen Elternwillen respektieren und per Gesetz schnellstmöglich die Rückkehr zum Abitur in neun Jahren einleiten.

Das forderte ein Zusammenschluss von Eltern, Pädagogen, Medizinern und Psychologen in Düsseldorf. Seit der G8-Einführung 2005 steige die Zahl der Abbrecher an Gymnasien, die Bildungsqualität sei gesunken, der Stress für die Schüler - bis hin zu Gesundheitsbelastungen wie Kopfschmerzen und Schlafstörungen - habe zugenommen, kritisierte das Bündnis „G-ib-8“.

Mehrere Studien zwischen 2010 bis 2013 - etwa von Allensbach, Emnid oder Kinderschutzbund - hätten ergeben, dass 78 bis 80 Prozent der Eltern zurück zu G9 wollten, betonte die Sprecherin der Initiative, Psychologin Anja Nostadt. Maßnahmen zur Verbesserung der G8-Bedingungen in den vergangenen Jahren wie die Kürzung von Lehrplänen hätten nicht zu Entlastungen geführt, sondern zu einem „gewaltigen Bildungsverlust“.

Studienrat Marcus Hohenstein sagte, die Ausweitung der Unterrichtszeiten auf einen Ganztagsbetrieb sei „weitgehend sinnlos und verschwendetes Steuergeld“. Nach dem Mittagessen „anspruchsvolle gymnasiale Inhalte vermitteln zu wollen, ist eine Illusion“. Rheinland-Pfalz - dort sei G8 niemals eingeführt worden - habe beim jüngsten Leistungsvergleich in Naturwissenschaften und Mathe unter den westlichen Bundesländern am besten abgeschnitten. Die NRW-Neuntklässler gehörten dagegen zu den Schlusslichtern.

Viele Schulen wollten zurück zu G9, meinte die Leiterin eines Frankfurter Gymnasiums, Karin Hechler, die einst nach eigenen Worten Verfechterin der Schulzeitverkürzung war. Mit der Komprimierung des Unterrichtsstoffes kämen viele Schüler nicht zurecht. Die Motivation sinke, ebenso die Fähigkeit zum nachhaltigen Lernen. Als Folge von G8 wächst Hechler zufolge die Zahl der Privatschulen deutlich, was unter dem Aspekt der Chancengleichheit kritisch sei.

Die NRW-Regierung habe den Schulen zwar angeboten, im Rahmen eines Modellversuchs in ein verändertes G9-System zu wechseln, das sei aber ein „Mogelpaket“, kritisierte die Initiative. Für einen Antrag seien nur fünf Monate - bis Februar 2011 - eingeräumt worden. Das Schulministerium betonte, man wolle weiter gemeinsam an Verbesserungen von G8 arbeiten.

Eine Rückkehr zum alten G9 sei nicht gewünscht und auch nicht möglich, da in der Kultusministerkonferenz bereits Änderungen wie eine erhöhte Wochenstundenzahl vereinbart worden seien. In NRW könne das Abitur auch weiterhin im G9-Verfahren abgelegt werden, sagte eine Sprecherin: Wer an einer der 281 Gesamtschulen, 84 Sekundar- und zwölf Gemeinschaftschulen lerne, erwerbe das Reifezeugnis unverändert nach insgesamt 13 Schuljahren.

Dem stehen 627 Gymnasien mit G8 gegenüber, also einem Abi nach insgesamt zwölf Schuljahren. Die Landeselternschaft der Gymnasien hatte sich mehrfach für G8 ausgesprochen.

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