Karl-Josef Laumann: Absage an Schwarz-Grün

Düsseldorf. Karl-Josef Laumann (CDU), Oppositionsführer im NRW-Landtag, spricht im Interview mit der WZ zur Lage im Land, Neuwahlen und die Unterschiede zur CDU.

Herr Laumann, vor acht Jahren gab es in Leipzig einen Parteitag der CDU, der die Wirtschaft sehr stark liberalisieren wollte. Jetzt will die CDU den Mindestlohn einführen. Ist das noch die gleiche Partei?

Laumann: Natürlich. Aber Parteien müssen sich der veränderten Wirklichkeit anpassen. Was 2003 in Leipzig beschlossen wurde, wäre nicht beschlossen worden, wenn es schon 2002 die Finanzkrise gegeben hätte. Der Mindestlohn ist die geeignete Antwort auf die Situation im Niedriglohnsektor.

Doch es gibt Streit.

Laumann: Aber nicht um das Ob, sondern nur um das Wie.

Sie stehen gegen die Kanzlerin.

Laumann: Ich bin in einem wichtigen Detail anderer Ansicht. Ich halte eine flächendeckende und branchenübergreifende Lösung für die beste — wie etwa in der Zeitarbeitsbranche. Wir können nicht für jeden Beruf eine gesonderte gesetzliche Lösung finden.

Atomausstieg, Abschied von der Hauptschule und von der Wehrpflicht, Mindestlohn — was unterscheidet die CDU überhaupt noch von der SPD?

Laumann: Zunächst einmal ein Beispiel: Ich habe in dem Dorf, in dem ich lebe, die Hauptschule besucht, wie fast alle aus meiner Altersgruppe. Aus meinen Kameraden sind zum Teil Ingenieure und Handwerksmeister geworden, alle haben ein eigenes Haus. Heute besuchen aber in NRW nur noch 17 Prozent der Kinder die Hauptschule. Die Zeiten haben sich geändert, die CDU hat sich geändert. Und ansonsten machen Sie sich keine Sorgen: Es gibt große Unterschiede zur SPD. Vor allem in der Finanzpolitik.

Wie groß ist für die CDU die Gefahr, dass sich rechts von ihr eine neue Partei aus enttäuschten Bürgerlichen bildet?

Laumann: Das sehe ich nicht. Konservativ ist eine Lebenshaltung. Ich zum Beispiel fühle mich auch als Konservativer, für mich sind die Familie, die Kirche, die Liebe zur Heimat und Traditionen sehr wichtig. Aber ich mache pragmatische Politik auf der Grundlage christlicher Werte. Und das ist CDU.

Aber immer mehr Leute wenden sich von der Politik ab. Woran liegt das?

Laumann: Ich halte nichts von Schwarzmalerei. Aber vielleicht ist ein Grund dafür, dass Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten in der Politik rar geworden sind.

Rot-Grün hat seinen Etatentwurf 2012 vorgelegt. Wie bewerten Sie das Zahlenwerk?

Laumann: Die Landesregierung plant 2012 vier Milliarden neue Schulden, obwohl sie drei Milliarden mehr Steuern einnimmt als dieses Jahr. Wenn Frau Kraft also nächstes Jahr 3,4 Milliarden mehr ausgeben will als dieses Jahr, dann ist das Politik auf Pump.

Wie werden Sie reagieren?

Laumann: Wir werden eigene Eckpunkte vorlegen, die beweisen, dass man bei so hohen Einnahmen keine neuen Schulden machen muss. Frau Kraft hat sich verrechnet, wenn Sie meint, den Bürger interessiert das Thema nicht. Seit Griechenland sind alle sehr sensibel geworden. Das ist gut für uns.

Die FDP steckt in einer tiefen Krise. Wer wäre Ihnen als Partner lieber: die Grünen oder die SPD?

Laumann: Das steht nicht an. Aber eines ist sicher richtig: Die Grünen sind teilweise nette Leute. Aber ich stehe nicht für Schwarz-Grün.

Was ist wahrscheinlicher: Neuwahlen oder eine große Koalition in NRW?

Laumann: Ich rechne nicht mit schnellen Neuwahlen. Wenn sich die Finanzkrise aber zuspitzt — was wir uns alle nicht wünschen —, und Frau Kraft nicht mehr weiter weiß, muss man sehen, ob man aus dem Landtag heraus zu einer neuen Lösung kommt. Oder man muss eben neu wählen.

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