Flüchtlinge Kommunen: Erste Abfuhr fürs Land bei Notaufnahmen absehbar

Die personelle Decke ist zu kurz, um auch noch Flüchtlingsaufgaben fürs Land abzudecken, sagen die Kommunen. Für sie ist es eine Frage der Zeit, dass die erste Stadt sagt: Ich kann nicht mehr.

Mittlerweile werden auch Zeltstädte für Flüchtlinge errichtet. (Symbolfoto)

Mittlerweile werden auch Zeltstädte für Flüchtlinge errichtet. (Symbolfoto)

Foto: dpa

Düsseldorf. Das Land Nordrhein-Westfalen schafft die Erstaufnahme von Flüchtlingen längst nicht mehr allein. Schon wurden einzelne Kommunen angewiesen, innerhalb von Stunden Notunterkünfte für das Land bereitzustellen. Bisher hat das immer noch geklappt. Aber noch in diesem Jahr könnten die ersten Kommunen dem Land eine Abfuhr erteilen. Das sieht der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW, Bernd Jürgen Schneider, im Interview so kommen.

Frage: Schaffen es die Kommunen auch weiterhin, Notnagel für das Land zu sein?

Antwort:
Wenn jetzt jeden Tag 1500 Flüchtlinge kommen, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis eine Stadt sagt, ich kann nicht mehr. Mittlerweile sehen ja auch Stadträte, dass bestimmte Aufgaben liegenbleiben, wenn das Personal der Stadt mit Flüchtlingsaufgaben betraut ist. Das machen die eine bestimmte Zeit mit. Aber das Leben in der Stadt geht ja weiter.

Frage: Bisher haben ja die Ehrenamtler viel aufgefangen. Klappt das nicht mehr?

Antwort:
Die Zahl der Ehrenamtler wächst ja nicht in dem Umfang wie die Flüchtlingszahlen wachsen. Wenn wir pro Tag rund 1500 Menschen haben, die kommen, dann ist das Ehrenamt irgendwann personell erschöpft. Da gibt es eben kein Wachstum wie bei den Flüchtlingen. Wenn das Ehrenamt sagt, wir können das nicht leisten, muss die Stadt es tun. Das heißt, wir nehmen unser eigenes Personal und stellen neues Personal ein. Und das neue Personal, sagt der Minister, das müsst Ihr, liebe Städte, selbst bezahlen. Auch eine sehr motivierende Entscheidung.

Frage: Hakt es sonst noch?

Antwort:
Die Gesundheitschecks bei der Aufnahme können wir nicht leisten. Die Kreise haben Gesundheitsämter. Aber die sagen, wir haben selbst kein Personal. Das Land hat es nicht geschafft, die Kreise anzuweisen, uns zu helfen. Wenn das nicht klappt, muss man mit den Krankenkassen Kooperationen schließen. Dafür muss das Land Verträge abschließen. Die Vorarbeiten, damit es funktioniert, ist Aufgabe des Landes. Bei einer Vorlaufzeit von vier Stunden haben wir keine Chance, das Problem zu lösen.

Frage: Wo sehen Sie die Lösung?

Antwort:
Wir als Verband fordern: Die Länder können diese Zahl von Flüchtlingen nicht mehr bewältigen. Es ist zu einer nationalen Aufgabe geworden, die die Leistungsfähigkeit der Länder übersteigt. Deswegen muss der Bund die operative Verantwortung tragen bei der Erstaufnahme. Er muss entscheiden: schutzbedürftig ja oder nein. Die Nicht-Schutzbedürftigen müssen ganz schnell zurückgeführt werden in die Heimatländer.

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