CO-Pipeline: Gesetz ist verfassungswidrig

Ein Gesetz des NRW-Landtags ebnete den Weg für die CO-Pipeline der Bayer AG. Es machte Enteignungen der Anwohner möglich. Das Oberverwaltungsgericht sieht einen Verstoß gegen das Grundgesetz.

Die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns wird in einem Wald auf dem Gebiet der Stadt Duisburg verlegt.

Die umstrittene Kohlenmonoxid-Pipeline des Bayer-Konzerns wird in einem Wald auf dem Gebiet der Stadt Duisburg verlegt.

Foto: Horst Ossinger

Münster (dpa). Der jahrelange juristische Streit um den Bau einer Kohlenmonoxid-Leitung der Bayer AG geht in die nächste Runde. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster setzte am Donnerstag ein Verfahren aus, das sich mit der Klage von Anwohnern gegen den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf aus dem Jahr 2007 beschäftigt.

Die Richter am OVG halten die gesetzliche Grundlage für die rund 67 Kilometer lange Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer AG zwischen Krefeld und Dormagen für verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe müsse jetzt entscheiden, so der Senat in seiner Begründung, ob es die Ansicht des Gerichts in NRW teilt und einen Verstoß von Landesrecht gegen das Grundgesetz erkennt.

Der Landtag in Nordrhein-Westfalen hatte das Gesetz am 21. März 2006 einstimmig verabschiedet. Nach Ansicht des Parlaments dient die Pipeline dem Wohl der Allgemeinheit. Diese Festlegung ist Voraussetzung für Enteignungen. Die Kläger des Berufungsverfahrens vor dem OVG sind Anwohner aus Monheim und Leichlingen, auch sie sollen enteignet werden.

In der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht den Klägern in zwei von drei Punkten wenig Aussicht auf Erfolg signalisiert. Die Richter sahen keine konzeptionellen Fehler bei der Planung der umstrittenen Kohlenmonoxid-Pipeline der Bayer AG. Diese seien aber Voraussetzung für das Aus des Projekts. „Eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kommt nur ausnahmsweise in Betracht. Das will das Gesetz so“, sagte der Vorsitzende Richter in Richtung der Kläger.

Auch beim Trassenverlauf und dem Thema Sicherheit sah das OVG wenig Ansatzpunkte für Kritik. Beim Thema Enteignung allerdings hinterfragten die Richter die gesetzliche Grundlage. Da es bei den Anwohnern um Enteignungen gehe, komme dieser Frage eine besondere Bedeutung bei, so die Richter. Bei Projekten wie einem Autobahnbau mit öffentlichem Interesse sei die Lage klar, aber nicht bei einem Projekt mit privatwirtschaftlichem Hintergrund.

Die Leitung zwischen Krefeld und Dormagen ist bereits seit Jahren fertiggebaut. Sie verläuft größtenteils auf der rechten Rheinseite, unterquert an zwei Stellen den Rhein und ist aber noch nicht in Betrieb. Nach der Fertigstellung soll die Pipeline eine lückenlose Produktion gewährleisten.

Die Bayer AG erklärte am Donnerstag: „Die heutige Entscheidung ist sicherlich nicht unser Wunschergebnis. Denn sie bedeutet für unser Projekt erneut erheblichen Zeitverlust“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme. Das Gericht in Münster habe aber keine grundlegenden Bedenken zur Konzeption der Leitung, bei der Sicherheit und zum Trassenverlauf geäußert, betonte der Leverkusener Konzern.

Philipp Mimkes von der Gruppe „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ zeigte sich schon vor der Entscheidung enttäuscht. „Das Gericht hat die Frage nach der Gefahr durch Kohlenmonoxid komplett ausgeklammert“, sagte Mimkes nach der mündlichen Verhandlung. Das geruchlose und hochgiftige Gas wird in der chemischen Industrie für die Produktion von Kunststoffen eingesetzt.

„Mit seinem Beschluss macht das OVG deutlich, dass erhebliche Zweifel bestehen, ob der wirtschaftliche Vorteil eines einzelnen Unternehmens stärker zu gewichten ist, als die Belange der betroffenen Anwohner“, sagte Hans Christian Markert, umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen laut Mitteilung.

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