Proteste verhageln Peking die Feier

Ausgerechnet zum 65. Geburtstag der Volksrepublik probt Hongkong den Aufstand.

Proteste verhageln Peking die Feier
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Hongkong. Eine schöne Bescherung. Ausgerechnet zum 65. Geburtstag der Volksrepublik China proben die Hongkonger den Aufstand. „Prost!“ titelt die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ lakonisch, als der Champagner zum Nationalfeiertag fließt und der umstrittene Regierungschef Leung Chun-Ying die Gläser klingen lässt, während Zehntausende in den Straßen Hongkongs ihren Unmut gegenüber Peking äußern und echte Demokratie einfordern. Auch der höchste Pekinger Vertreter in Hongkong, Zhang Xiaoming, ignoriert den Ruf der Massen: „Die Sonne geht wie immer auf“, lautet sein Kommentar zu den Protesten — als wenn nichts wäre.

Proteste verhageln Peking die Feier
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Aussitzen, auslaufen lassen? Was ist die Taktik der chinesischen Führer in ihrer Sonderverwaltungsregion? „Peking wird sich vorerst nicht direkt in Hongkong einmischen, sondern stattdessen im Hintergrund agieren“, glaubt Matthias Stepan vom China-Institut Merics in Berlin. „Chinas Führung will eine unnötige Eskalation vermeiden, auch deshalb, um das gerade Taiwan gegenüber ausgesprochene Angebot, eine Wiedervereinigung nach dem Hongkonger Modell ,Ein Land, zwei Systeme‘ attraktiv erscheinen zu lassen.“ Aber gerade mit Blick auf die Erfahrungen in Hongkong lehnen die Taiwanesen dieses Modell ab — wie überhaupt die Idee einer Wiedervereinigung mit einem repressiven China.

Es geht aber gleichwohl noch um viel mehr. Die schwerste politische Krise in der ehemaligen britischen Kronkolonie seit ihrer Rückgabe 1997 an China ist ein Test für Präsident Xi Jinping. Kein anderer Führer seit dem Reformarchitekten Deng Xiaoping hat soviel Macht an sich gezogen. Kein anderer hat sich so viele Feinde gemacht — nicht zuletzt durch seinen Kampf gegen Korruption.

Schwäche zu zeigen, kann sich Xi Jinping nicht leisten. Kompromisse sind auch nicht in Sicht. „Die illegalen Versammlungen der sogenannten Occupy-Central-Bewegung haben ernsthaft die soziale Ordnung gestört und die Wirtschaft Hongkongs sowie das Leben der Menschen beeinträchtigt“, kommentiert das kommunistische Parteiorgan „Volkszeitung“ zum Nationalfeiertag, um dem Milliardenvolk genau zu erklären, was in Hongkong eigentlich passiert. Die Zensur macht derweil Überstunden und blockt die Nachrichten aus Hongkong, damit sich in China bloß niemand ein eigenes Bild machen kann.

Das Parteiblatt, dessen Kommentare von ganz oben abgesegnet werden, macht unmissverständlich klar, dass die Proteste ein Ende finden müssen: „Wenn eine Fortsetzung zugelassen wird, wären die Konsequenzen undenkbar.“

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