Putin entlässt Verteidigungsminister und stärkt Hardliner

Moskau (dpa) - Stärkung der „Falken“: Kremlchef Wladimir Putin hat Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow nach einem millionenschweren Immobilienskandal entlassen. Der Wechsel stärkt nach Ansicht von Experten die Hardliner im Kreml.

Putin ernannte den bisherigen Moskauer Gebietsgouverneur Sergej Schoigu zum Nachfolger. Auch im Sicherheitsrat ersetze Schoigu (57) seinen Vorgänger, betonte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Der Kremlchef habe Serdjukow (50) die Entscheidung persönlich mitgeteilt. Der einstige Möbelhändler galt trotz Korruptionsvorwürfen bislang als Vertrauter Putins.

Einflussreiche Armee-Offiziere hatten dem früheren Chef der Steuerbehörde Serdjukow vorgeworfen, als Zivilist keine Ahnung vom Militär einer Atommacht zu haben. Zudem galt das Verhältnis zwischen Ministerium und Rüstungslobby als zerrüttet.

Erzürnt sind Kritiker besonders, dass das auf seine Waffen so stolze Russland unter Serdjukow erstmals seit 1940 wieder Militärtechnik im Ausland erwarb. So kaufte Moskau beim Nato-Mitglied Frankreich Hubschrauberträger ein, aus Deutschland kam Metall für Panzer.

Bürgerrechtler hingegen bedauerten die Entlassung und forderten Schoigu auf, den Modernisierungskurs fortzusetzen. Die Streitmacht des Riesenreichs befindet sich inmitten einer radikalen Reform.

„Sie sind ein Militärmensch“, sagte Putin bei einem Treffen mit Schoigu. Medien hatten den früheren Zivilschutzminister, der im Rang eines Armeegenerals steht, wiederholt als „Putins Allzweckwaffe“ bezeichnet. Der Wechsel gilt wegen seines Zeitpunkts während der US-Präsidentenwahl als äußerst sensibel. Moskau und Washington streiten heftig über ein US-Raketenabwehrprojekt.

Die Entlassung von Serdjukow, der seit 2007 im Amt war, ist der zweite Wechsel im Kabinett seit Putins Rückkehr in den Kreml Anfang Mai. Im Oktober musste Regionalminister Oleg Goworun gehen.

Mit der „persönlichen Entscheidung Putins“ werde der Weg freigemacht für eine Untersuchung von Betrugsvorwürfen gegen ein Tochterunternehmen des Verteidigungsministeriums, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. Die Firma Oboronservice soll unter anderem mit Immobiliendeals umgerechnet fast 80 Millionen Euro zur Seite geschafft haben. Der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin, schloss eine Vorladung Serdjukows wegen der schwerwiegenden Vorwürfe nicht aus.

Serdjukow habe sich als effektiver Manager bewiesen, lobte Ministerpräsident Dmitri Medwedew zwar. Allerdings müssten die Ermittlungen zum Abschluss geführt werden.

Bereits 2007 hatte Serdjukow einmal seinen Rücktritt eingereicht. Als Begründung sagte er, dass der damals neu ernannte Regierungschef Viktor Subkow sein Schwiegervater sei und er nicht den Eindruck von Vetternwirtschaft erwecken wolle. Serdjukows Rücktritt wurde seinerzeit abgelehnt - vom damaligen Kremlchef Putin.

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