RAF: Der Kampf gegen Klars Begnadigung

Aus Sicht der CSU wäre eine Freilassung des ehemaligen Terroristen eine „schwere Hypothek“ für die Wiederwahl Horst Köhlers.

Berlin. Als der CSU-Vorsitzende erfuhr, dass der Bundespräsident über die Begnadigung eines ehemaligen Mitglieds der RAF nachdachte, regte er sich fürchterlich auf. Das Rechtsbewusstsein der Bevölkerung werde erschüttert, es handele sich hoffentlich nur um ein Gerücht, da werde doch eine Lawine losgetreten. Es war Spätsommer im Jahr 1988.

Franz Josef Strauß hat nicht mehr miterlebt, dass Richard von Weizsäcker Angelika Speitel begnadigte, nachdem er sie im Gefängnis besucht hatte. Strauß starb im Oktober. Die folgenden Begnadigungen hätte er vermutlich für eine Lawine gehalten.

Fast 20 Jahre nach dem Streit zwischen Strauß und von Weizsäcker verfolgt die Republik eine Wiederholung der Auseinandersetzung über die Frage der Gnade für Ex-Terroristen, wobei nicht nur die Personen andere sind. Auch der Tonfall ist anders, mit kaum verhohlenen Drohungen unterlegt.

Fasst man die Äußerungen der CSU-Politiker zusammen, ergibt sich ein merkwürdiges Verständnis vom Amt des Bundespräsidenten, dem das Gnadenrecht ungeteilt zusteht: Wenn Köhler so eigenverantwortlich entscheidet, wie er das von Amts wegen tun muss, und dabei auf die CSU keine Rücksicht nimmt, dann wird er nicht mehr gewählt. Die Unabhängigkeit eines Präsidenten scheint sich im Denken der CSU in engen Grenzen zu bewegen.

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