Saudischer Prinz bittet in Deutschland um Asyl

Ein Mitglied des saudischen Königshauses will in Deutschland bleiben. Seit fünf Monaten wartet er auf Antwort der Behörden.

Düsseldorf. Anfang Januar ist bei der Dortmunder Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ein Asylantrag eingegangen, der dort Erstaunen ausgelöst haben dürfte.

Ein saudi-arabischer Prinz bittet darin als politisch Verfolgter um Asyl in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Ansinnen, das aus Sicht beider Länder pikant sein dürfte.

Das saudische Königshaus gilt als gewaltiger Machtapparat. Seit 80 Jahren herrscht absolute Monarchie. Alle Schlüsselpositionen sind mit Mitgliedern der 5000-köpfigen Familie besetzt. Wer dazu gehört, wird mit Geld und Macht ausgestattet. Umso empfindlicher dürfte die Familie reagieren, wenn ihre Kontrolle ausgerechnet in den eigenen Reihen versagt.

Hinzu kommt: Die Bundesrepublik unterhält sensible Geschäftsbeziehungen mit dem arabischen Land, hat vor einem Jahr eine heftig kritisierte Panzerlieferung ausgehandelt. Im März war Außenminister Guido Westerwelle zu Gast, um die guten Kontakte zu pflegen. Politisches Asyl für einen Prinzen könnte zu Verstimmungen führen.

Das weiß auch Prinz Alsaud. Seinen Vornamen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Den Grund, warum er sich in seinem Heimatland verfolgt fühlt, beschreibt er offiziell mit „familiären Zerwürfnissen“. Ursprünglich war der 35-Jährige nur für eine medizinische Behandlung nach Deutschland gekommen, inzwischen hofft er, sich in Düsseldorf eine neue Existenz aufbauen zu können.

„Man hat mir gesagt, dass ich in drei Monaten mit einer Entscheidung zu meinem Asylantrag rechnen kann, nun sind es fast fünf“, sagt der studierte Wirtschaftswissenschaftler in gutem Deutsch. Sein Anwalt Azzadine Karioh ergänzt: „Die Dauer des Entscheidungsprozesses ist sehr ungewöhnlich. Das gibt mir zu denken.“

Prinz Alsaud

Ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sagt dazu: „Der Antrag wird geprüft wie jeder andere auch.“ Komplexere Fälle bräuchten aber eine längere Bearbeitungszeit. Denn: „In den Akten der vergangenen Jahre lässt sich kein einziger Antrag eines saudi-arabischen Staatsbürgers finden.“

Der Eindruck, dass dies auch für die Behörden kein Fall wie jeder andere ist, drängt sich noch an anderer Stelle auf: Der Asylantrag des Prinzen wurde sofort von Dortmund an die Hauptstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach Nürnberg weitergeleitet. Der Kommentar des Dortmunder Sachbearbeiters dazu habe gelautet: „Ich entscheide hier gar nichts.“

Die Nürnberger haben inzwischen das Auswärtige Amt eingeschaltet. In einem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, bittet das Bundesamt die Auslandsexperten um eine Einschätzung der Gefährdungslage. Eine Frage lautet: „Mit welchen Folgen hat der Antragsteller wegen der Stellung des Asylantrags zu rechnen?“ Gemeint ist: Was passiert, wenn das Königshaus davon erfährt?

Auf Nachfrage unserer Zeitung möchte sich das Auswärtige Amt nicht zu dem Fall äußern, bestätigt aber, dass er außergewöhnlich ist: „Bislang wussten wir nichts von Angehörigen der Königsfamilie, die sich dauerhaft im Ausland aufhalten.“

Prinz Alsaud ist alles andere als ein Kritiker der Monarchie. Dass er zu einem Außenstehenden wurde, führt er auf „böswillige Unterstellungen“ zurück. Nun hofft er auf ein neues Leben. Wie um für sich zu werben, sagt er: „Ich werde den deutschen Staat nicht beanspruchen. Im Gegenteil, ich möchte hier als Unternehmer investieren. Aber zurzeit hänge ich vollkommen in der Luft.“

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