Schavans Blick in die Zukunft

Die Bundesbildungsministerin über das Profil der Union, Gedankenspiele zu einer schwarz-grünen Koalition und Doktorarbeiten.

Berlin. Annette Schavan hört auf. Die Bundesbildungsministerin wird kommende Woche beim CDU-Parteitag in Hannover nicht mehr für das Amt der Vize von Angela Merkel kandidieren. Im Interview mit unserer Zeitung erläutert Schavan, wie sie sich das Profil der Union vorstellt.

Frau Schavan, nach 14 Jahren als stellvertretende CDU-Vorsitzende geben Sie das Amt jetzt ab. Wie hat sich die Union in diesen Jahren verändert?

Annette Schavan: Die CDU hat sich immer wieder gewandelt. Uns ist es gelungen, Neues zu integrieren und dem Land wichtige Impulse zu geben. Das ist und bleibt die Stärke meiner Partei. Mein persönlicher roter Faden sind dabei immer die Zukunftschancen der jungen Generation gewesen.

Mit dem Wandel ist nicht jeder in der CDU einverstanden. Nervt Sie die ständige Debatte über den Verlust des Konservativen?

Schavan: Die gehört zu einer Volkspartei. Es gibt jedoch nicht nur die, die sagen, wir seien nicht konservativ genug. Andersherum heißt es auch, wir müssten inhaltlich schneller vorangehen. Ich sage: Die CDU darf ihre sachpolitischen Entscheidungen nicht an Profilfragen ausrichten. Sondern an dem, was notwendig und für das Land gut ist. Deswegen sind wir eine moderne Volkspartei.

Auf dem Parteitag wollen die Frauen einen erneuten Vorstoß unternehmen, ältere Mütter bei der Rente besser zu stellen.

Schavan: Wir haben darüber schon viel diskutiert. Der dahinter stehende Gedanke, Familienarbeit wertzuschätzen, ist plausibel und steht uns gut zu Gesicht. Wir müssen jedoch abwägen: Die damit verbundenen Kosten sind enorm, wir wollen den Haushalt aber weiter konsolidieren. Der Abbau von Schulden hat für mich Priorität.

Wären 850 Euro Mindestrente nicht angemessen für jemanden, der fast ein ganzes Leben lang gearbeitet hat? Das will die SPD.

Schavan: Man darf der SPD nicht auf den Leim gehen. Sie produziert gerade Pläne zuhauf, deren Umsetzung den Steuerzahler viel Geld kosten würde. Meine Partei setzt beim Thema Bekämpfung der Altersarmut auf einen übergreifenden Konsens. Dem sollte sich die SPD nicht verweigern.

Das klingt, als wären Sie schon auf Partnersuche für die Zeit nach der Bundestagswahl. Für ein Bündnis mit der FDP reicht es nach jetzigem Stand nicht mehr.

Schavan: Zehn Monate vor der Bundestagswahl sollte sich eine Partei auf ihre eigene Positionierung konzentrieren. Ich gehöre zu denen, die die Schnittmenge in einer bürgerlichen Koalition mit der FDP für deutlich größer halten. Ich werbe für die Fortsetzung dieses Bündnisses.

Das heißt, die Zeit für Schwarz-Grün ist noch nicht reif?

Schavan: Die Grünen testen derzeit viele Etiketten. Ich nehme das nicht ernst. Zumal sie auf ihrem Parteitag Beschlüsse gefasst haben, deren Finanzierung in den Sternen steht und die für die Zukunftsfähigkeit des Landes untauglich sind. Wir sind in einer erfolgreichen Koalition. Deswegen muss man nicht über eine andere reden.

Sie machen jetzt Platz für eine andere Generation von CDU-Politikern. Muss die Kanzlerin nicht auch langsam darüber nachdenken, wer ihr folgen könnte?

Schavan: Das muss sie nicht. Angela Merkel ist in Deutschland und international so stark wie nie. Sie hat eine ungewöhnliche integrative Kraft. Sie wird noch lange an der Spitze stehen, und das ist gut so.

Wollen Sie denn wieder Ministerin werden?

Schavan: Nach 14 Jahren ein Parteiamt abzugeben, ist kein Abschied aus der Politik. Ich kandidiere wieder für den Bundestag. Ich möchte gerne als Ministerin weitermachen.

Inwieweit belasten Sie noch die Vorgänge um Ihre Doktorarbeit?

Schavan: Das ist nicht schön. Aber ich erfahre so viel Zustimmung wie selten und das stärkt mich.

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