Spanien: Artur Mas - Der Messias der Unabhängigkeit

Ministerpräsident Artur Mas will aus der Region Katalonien einen unabhängigen Staat machen. Er setzt auf ein Referendum.

Barcelona. Er ist ein Meister der Selbstinszenierung — mit kalkulierten Siegesgesten und sorgfältig gewählten Worten, die mitten ins katalanische Herz gehen. „Es ist die Stunde der Selbstbestimmung gekommen“, ruft er mit bedeutungsvoller Stimme in die Runde. Artur Mas (56), der alte und vermutlich auch neue Regierungschef Kataloniens, ist die Speerspitze jener mächtigen Unabhängigkeitsbewegung, welche das Königreich Spanien zu spalten droht.

Mas hatte die Regionalwahl Sonntag zugleich zu einem Stimmungstest über eine Unabhängigkeit Kataloniens erklärt und für den Fall eines Sieges ein Referendum darüber angekündigt. Ganz so klar wie erhofft ging die Sache aber offenbar nicht aus. Nach einer Prognose des katalanischen Regionalfernsehens TV3 erhielten die katalanischen Nationalisten (CiU) von Artur Mas zwar die meisten Stimmen. Aber sie verfehlten danach nicht nur die absolute Mehrheit, sondern mussten auch kräftige Verluste im Vergleich zur vorigen Wahl vor zwei Jahren hinnehmen.

Dennoch wird er wohl weiter für das erklärte Ziel kämpfen. Wie ein Messias wirkt er, wenn er vors Volk tritt. Ein Heilsbringer, der es als seine Mission ansieht, aus Katalonien einen „eigenen Staat in Europa“ zu machen. Erst seit zwei Jahren, seit 2010, ist Mas Ministerpräsident der industriestärksten Region Spaniens, in der 7,5 Millionen Menschen leben. Eine Region, die mit ihrer kreativen Mittelmeer-Metropole Barcelona und attraktiven Stränden an der Costa Brava jedes Jahr Millionen Urlauber anzieht.

Mas impft den Katalanen ein, dass ihre Zukunft außerhalb Spaniens liege. Unter ihm ist der katalanische Nationalismus gewachsen. Bereits vor einem Jahr stimmten bei einer inoffiziellen Volksbefragung in der Millionenstadt Barcelona 90 Prozent der Wähler für den Bruch mit Spanien. Im vergangenen September erlebte Katalonien, das seit Jahrhunderten eine eigene Sprache und Kultur pflegt, die größte antispanische Massendemonstration aller Zeiten. Es geschah das, was Mas heute unschuldig „einen Aufschrei des Volkes“ nennt.

Ein Aufschrei, bei dem Mas mit seiner Katalonien-Partei Convergencia y Union (CiU) kräftig nachhalf. Die CiU säte schon unter ihrem Ex-Parteichef Jordi Pujol (82) gerne Zwietracht: „Katalonien ist eine Nation, Spanien nicht“, pflegte Pujol zu sagen. Pujol spürte, dass der redegewandte Mas das Werk zu Ende bringen konnte.

Seit mehr als zehn Jahren steht der studierte Wirtschaftswissenschaftler Mas an der Spitze der CiU. Für sein politisches Projekt änderte der Sohn eines Industriellen sogar seinen Vornamen: Aus dem spanischen „Arturo“ wurde das katalanische „Artur“.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort