Aisha Gaddafis Propaganda-Schlacht

Die Tochter des Diktators hat bislang für die Rechte arabischer Frauen gekämpft. Jetzt setzt sie ihr Vater ein, um die Moral seiner Anhänger zu stärken.

Tripolis/Madrid. Wie ein Hammer lässt sie in der Luft ihre hoch erhobene rechte Faust hin- und her schwingen: „Wir sind ein Volk, das nicht besiegt werden kann“, ruft sie den handverlesenen jubelnden Anhänger zu. Und wer ihren Vater, Libyens Diktator Muammar al-Gaddafi nicht möge, „der verdient nicht zu leben“. Die Menge tobt, brüllt „Nieder mit Obama“.

Aisha (34), Gaddafis einzige Tochter, winkt zufrieden herab, rückt ihr grünes Kopftuch, unter dem sie ihr langes, wallendes Haar verbirgt, kokett zurecht. Ein nächtlicher Propaganda-Auftritt in der gigantischen Gaddafi-Festung Bab al-Asisija in der libyschen Hauptstadt Tripolis, zu dem vom Regime auch ausländische Journalisten herbei gekarrt wurden.

In den Kulissen jener zerbombten Gaddafi-Residenz, die vor genau 25 Jahren von US-Kampfjets zerstört worden war. Als Vergeltung für den libyschen Terroranschlag in der Berliner Diskothek La Belle, wo am 5. April 1986 drei Menschen getötet und 230 verletzt worden waren. Auch Aisha befand sich damals bei dem Luftangriff, zusammen mit Vater Gaddafi und Geschwistern, in dem Gebäude. „Als ich Kind war, als ich neun Jahre alt war, haben sie versucht, mich zu töten. Ein Regen aus Raketen und Bomben fiel herab.“ Aisha und ihre sieben Brüder kamen mit dem Leben davon. Angeblich starb aber damals, wenigstens nach Gaddafis eigenen Angaben, seine mysteriöse Adoptivtochter Hanna, die erst wenige Monate alt gewesen sein soll, von deren Existenz aber bis dahin niemand gewusst hatte.

„Jetzt, 25 Jahre später, fallen dieselben Raketen auf die Köpfe unserer Kinder“, schlägt Aisha weiter auf die Propaganda-Trommel. „Verlasst unseren Himmel mit Euren Bomben“, rief die 34-Jährige in ihrer Kamfesrede, die von Gaddafis mächtigstem Medien-Sprachrohr, dem Staatsfernsehen, übertragen wurde.

Die attraktive Aisha, die von arabischen Zeitungen in der Vergangenheit zur „Claudia Schiffer Nordafrikas“ gekürt worden war, gilt als eine Art Geheimwaffe Gaddafis, um die Moral seiner Sympathisanten hochzuhalten. Die gelernte Anwältin fiel in jungen Jahren vor allem mit schrillen Sonnenbrillen, Designerkleidung und Fotomodell-Makeup auf. Seit sie 2006 ihren Cousin Ahmed al-Gaddafi al-Qahsi heiratete, wurde es ruhiger um die Tochter, die inzwischen Mutter dreier Kinder ist.

Im Jahr 2009 schaffte es Libyens Vorzeige-Lady, zur Ehrenbotschafterin des UN-Entwicklungsprogramms ernannt zu werden. Sie kämpfte gegen die Verbreitung von Aids und die Unterdrückung von Frauen in der arabischen Welt. Vor zwei Monaten, als die Gaddafi-Familie international in Ungnade fiel, trennten sich die UN von ihr.

Neuerdings macht Aisha vor allem durch Auftritte an der Front von sich reden. Sie lässt sich im Khaki-Anzug zusammen mit Gaddafis Kämpfern auf Panzern ablichten. Und sie heizt in Tripolis mit Brandreden gegen den Westen und Lobgesängen auf ihren Vater, „der in den Herzen aller Libyer ist“, die gespannte Stimmung an.

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