Experte: Ob Obama oder Romney — auf Europa kommen Lasten zu

Der künftige US-Präsident werde keine Rücksicht nehmen — dafür stehe er innenpolitisch zu sehr unter Druck.

Berlin. Mit Spannung blicken Europäer auf die US-Präsidentenwahl. Doch egal wie die Wahl ausgeht: Auf Europa werden zusätzliche Lasten zukommen, sagt USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP).

Herr Braml, Mitt Romney hat für den Fall seiner Wahl mehr „amerikanische Führung“ in der Welt angekündigt. Was meint er damit?

Josef Braml: Man muss bei Präsidentschaftswahlen immer zwischen der Rhetorik und den realen Möglichkeiten im Amt unterscheiden. Auch Präsident Barack Obama hat Wandel versprochen. Doch wenn man genau hinsieht, gibt es in der Außenpolitik keine großen Veränderungen im Vergleich zum Kurs seines Vorgängers George W. Bush.

Warum?

Braml: Dafür sorgen sowohl die internationalen Rahmenbedingungen, aber auch die engen Spielräume, die dem Präsidenten in den USA gesetzt werden. Auch ein Mitt Romney müsste sich dann an den harten Realitäten orientieren.

Das heißt, es macht außenpolitisch keinen Unterschied, wer letztlich im Weißen Haus regiert?

Braml: Es wird Veränderungen geben, die sind aber unabhängig davon, wer der nächste Präsident der USA werden wird. Weil zugleich auch das Abgeordnetenhaus gewählt wird und ein Drittel des Senats. Man kann davon ausgehen, dass mindestens eine dieser beiden Kammern des Kongresses den künftigen Präsidenten wieder massiv in seiner Handlungsfähigkeit einschränken wird. Und das in einer Zeit, in der Amerika wichtige wirtschaftliche, soziale und energetische Probleme lösen müsste.

Was bedeutet das für Europa?

Braml: Natürlich werden die USA weiter ihre Weltordnungspolitik durchsetzen wollen. Da sie es aber wegen der inneren Probleme nicht mehr allein schaffen, werden sie Lasten auf Konkurrenten, aber auch auf die Verbündeten wie die Europäer abwälzen — egal ob mit Obama oder Romney.

Welche Lasten kommen konkret auf Europa zu?

Braml: Vor allem in der Sicherheitspolitik wird Washington über die Nato mehr Einsatz von den Europäern fordern. Statt als Trittbrettfahrer der USA sollen sie mehr Eigenverantwortung übernehmen. Zugleich werden sich die USA nach neuen Partnern in Asien umsehen, denn China gilt mittlerweile als größter Konkurrent und mögliche Gefahr.

Wirkt sich das wirtschaftlich aus?

Braml: In der Handelspolitik wird sich vieles zum Nachteil Europas verändern. Der kommende Präsident wird aufgrund der schwächelnden US-Wirtschaft nicht auf transatlantische Freihandelszonen, sondern stärker auf den Schutz der eigenen Industrie und der eigenen Absatzmärkte setzen, weil ihn der Kongress dazu drängen wird. Deutsche Firmen werden es in den USA in den kommenden Jahren erheblich schwerer haben.

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