Strauss-Kahn will seinen ramponierten Ruf aufpolieren

Der Ex-IWF-Chef äußerte sich erstmals zum Sex-Skandal und nährte dabei Spekulationen über eine Verschwörung gegen ihn.

Paris. Es war das Fernsehereignis des Jahres. Über 14 Millionen Franzosen saßen Sonntagabend vor dem Fernseher, als Dominique Strauss-Kahn (DSK) sein Schweigen brach — genau vier Monate nach der verhängnisvollen New Yorker Sex-Affäre, die ihn den Chefposten beim Weltwährungsfonds (IWF) kostet und daheim die geöffnete Tür zum Präsidenten-Palast auf einen Schlag vernagelt. Die Nation erlebte einen gestolperten Polit-Star, der Reue bekundete, dann aber vor allem eines wollte: seinen ramponierten Ruf reparieren.

Der Seitensprung mit dem Zimmermädchen Nafissatou Diallo, gab er zu Protokoll, sei ohne Gewalt und Zwang geschehen. Dennoch räumte er ein, einen „moralischen Fehler“ begangen zu haben. Er fügte hinzu: „Es war ein Fehler gegenüber meiner Frau, meinen Kindern, meinen Freunden, und auch ein Fehler gegenüber den Franzosen.“

Über weite Strecken wirkte Strauss-Kahns Körpersprache theatralisch, zuerst sprach er mit Wut im Bauch, dann geriet sein Redefluss ins Stocken. Immer wieder fuchtelte er mit dem entlastenden Bericht des New Yorker Staatsanwalts herum. Mehr als 60 Prozent der Zuschauer überzeugte der Auftritt jedoch nicht. Auch der Psychiater Serge Hefez fällte ein vernichtendes Urteil: „Niemand kauft ihm diese Art von Reue ab.“

Von DSK wusste Frankreich schon immer, dass er die Frauen liebt. Doch inzwischen gibt es auch ein anderes, düsteres Bild: nämlich das des Schwerenöters, der seinen Sexualtrieb nicht unter Kontrolle hat. Einen solchen Grenzgänger zum Präsidenten zu haben, das übersteigt deshalb die Vorstellungskraft selbst der tolerantesten Franzosen. In dem Interview gestand der Sozialist mit Blick auf die Präsidentschaftswahl 2012 erstmals ein: „Ja, ich wollte kandidieren.“ Doch nun erklärte der einstige Umfrage-König die Kandidatenfrage für erledigt und sagt: „Ich habe mein Rendez-vous mit den Franzosen verpasst.“

Geschickt nutzte er den Auftritt schließlich, um sich vom reuigen Büßer in die Rolle des Opfers zu manövrieren. „Ich hatte Angst, fühlte mich erniedrigt“, sagt er über die Tage nach der Verhaftung in New York. Und dann ließ er eine Granate platzen, indem er hartnäckigen Spekulationen über eine angebliche Verschwörung neue Nahrung gibt. Eine Falle? „Das ist möglich“, sagt Strauss-Kahn geheimnisvoll, „ein Komplott, wir werden sehen.“

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