Studie: Von der „Bildungsrepublik“ ist Deutschland weit entfernt

Die Probleme haben sich kaum verändert. Eine Bilanz nach vier Jahren.

Berlin. Die Wirtschaft klagt über Fachkräftemangel. Doch 1,56 Millionen junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren gelten als „ungelernt“ und sind auch nicht mehr in Fortbildungskursen. 50 000 Schüler verlassen jedes Jahr ihre Schule ohne Hauptschulabschluss. Und die Beteiligung der Erwerbstätigen an Weiterbildung geht zurück — statt wie angestrebt zu steigen.

Vier Jahre nach dem Bildungsgipfel von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den 16 Länderchefs zieht der Bildungsforscher Klaus Klemm in einer Studie für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) eine ernüchternde Bilanz. Von der damals beschworenen „Bildungsrepublik“ ist Deutschland weit entfernt.

Als Merkel 2008 die Bildungspolitik zur „Chefsache“ machte, hagelte es derbe Kritik. Die Länder wollten keine Einmischung des Bundes in ihre „Kulturhoheit“. Als es nach langem Murren der Ministerpräsidenten im Oktober 2008 in Dresden dann doch zu einem Bildungsgipfel mit der Kanzlerin kam, wurde eine anspruchsvolle Reformliste vereinbart. Die Länder gelobten, Einsparungen infolge des Schülerrückganges weitgehend in den Schulen zu belassen und für Qualitätsverbesserungen zu nutzen.

Doch nicht nur in Baden-Württemberg — wo derzeit über den geplanten Abbau von Tausenden Lehrerstellen heftig gestritten wird —, auch in anderen Ländern ist heute in den Schulen eher Sparen angesagt.

Ein weiteres Mal versprachen die Länder beim Bildungsgipfel 2008, die Zahl der Schulabbrecher binnen weniger Jahre zu halbieren — nachdem bereits in den 90er Jahren zwei Verträge darüber mit der Arbeitsagentur folgenlos geblieben waren. Nur im Schneckentempo geht die Schulabbrecherzahl zurück — von 7,4 Prozent eines Jahrganges (2008) auf 6,2 Prozent (2011). Schulforscher Klemm vermisst ein effektives Maßnahmenbündel, das auch die Förderschulen miteinbezieht.

Von einer Neuauflage des Bildungsgipfels wollen weder Merkel noch die Länder etwas wissen. Pflichtschuldig präsentierten die Ministerpräsidenten auch in diesem Jahr der Kanzlerin den Zwischenbericht über die Umsetzung der 2008 in Dresden verabredeten „Qualifizierungs-Offensive“. Danach ist die deutsche Bildungswelt nahezu tadellos in Ordnung.

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