Türkisch-syrische Spannungen nehmen zu

Istanbul (dpa) - Trotz internationaler Krisendiplomatie droht der Konflikt zwischen Syrien und der Türkei weiter zu eskalieren.

Nach der erzwungenen Landung eines syrischen Passagierflugzeuges in Ankara und wiederholten Grenzscharmützeln sperrte Damaskus am Wochenende den syrischen Luftraum für türkische Maschinen. Die Türkei reagierte entsprechend. Zuvor hatten sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle und UN-Sondervermittler Lakhdar Brahimi um eine Entspannung der Lage bemüht. Doch an der Grenze herrscht Alarmbereitschaft.

Die Türkei bestätigte am Sonntag die Sperrung ihres Luftraums für syrische Passagiermaschinen. Als Grund nannte Außenminister Ahmet Davutoglu den Missbrauch von syrischen Passagierflugzeugen für den Transport militärischer Güter, wie die Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Am Mittwoch hatte die Türkei ein syrisches Flugzeug abgefangen und zur Landung in Ankara gezwungen.

In Syrien lieferten sich Rebellen und Regierungstruppen weiter erbitterte Gefechte - auch im Grenzgebiet zur Türkei. Syrische Männer, Frauen und Kinder, die über die Grenze in die Provinz Hatay flohen, mussten wegen Schussverletzungen behandelt werden, berichteten türkische Medien. Nach Angaben der Opposition kamen am Wochenende landesweit mehr als 200 Menschen ums Leben.

Syrische Aktivisten berichteten am Sonntag, in der Nähe der Hauptstadt Damaskus seien mindestens 100 Leichen gefunden worden. Die Menschen seien vermutlich exekutiert worden. Schauplatz sei der Ort Darija in der Provinz Damaskus-Land. Die Angaben konnten nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

Der Iran soll sich nach dem Willen des UN-Sondergesandten Brahimi an einer Friedenslösung für Syrien beteiligen. Das Land sollte „Teil vom Ende des Albtraums“ in Syrien sein, sagte Brahimi am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Teheran. Die UN und die Arabische Liga wollten in erster Linie ein Ende der Gewalt in Syrien. Dafür, so der Sondergesandte, müssten die Verbündeten beider Seiten sich für eine sofortige Entwaffnung der Konfliktparteien einsetzen.

Der iranische Außenminister Ali-Akbar Salehi sicherte Brahimi die „volle Unterstützung“ Irans für dessen Vorschläge zu. Eine Einmischung der nicht neutralen Parteien würde zu keiner Lösung des Konflikts führen, so der Minister.

Außenminister Westerwelle hatte für das Treffen mit Außenminister Davutoglu in Istanbul kurzfristig einen Zwischenstopp auf dem Rückflug von einer China-Reise eingelegt. Er rief den Nato-Partner Türkei auf, den bisherigen „besonnenen Kurs“ fortzusetzen. Davutoglu stellte jedoch klar, bei weiteren schweren Grenzverstößen durch Syrien werde die Türkei selbstverständlich „ein Handeln entgegensetzen“. Dabei gehe es auch um Abschreckung. Zugleich erinnerte er an die Beistandspflichten innerhalb der Nato.

Zwischen der Türkei und Syrien hat sich der Ton in den vergangenen Tagen deutlich verschärft. Im türkischen Grenzgebiet schlagen immer wieder Granaten aus Syrien ein. Die Türkei feuert zurück.

Westerwelle äußerte Verständnis für die erzwungene Landung der syrischen Maschine in Ankara, die nach türkischen Angaben Rüstungsgüter für Damaskus an Bord hatte. „Die Türkei muss nicht erdulden, dass Waffen durch den eigenen Luftraum nach Syrien geschafft werden. Wenn eine solche Lage für uns Deutsche eingetreten wäre, hätten wir genauso gehandelt.“ Erneut warnte der FDP-Politiker vor einem „Stellvertreterkrieg, der ein Land nach dem anderen in der Region in Brand setzt“. Die Lage sei „sehr ernst“.

Das Regime in Syrien reagierte nach einem Friedensangebot an Ankara nun wieder mit einer eigenen Kampfansage und sperrte kurzerhand den Luftraum für die Türken. Zuvor hatte sich Damaskus noch offen für eine Sicherheitskooperation mit dem Nachbarn im Grenzkonflikt gezeigt.

Wegen des Konflikts mit Syrien meiden türkische Passagierflugzeuge bereits den Luftraum des Nachbarlandes. Medien berichteten jüngst unter Berufung auf die Regierung, Flugzeuge mit Mekka-Pilgern umflögen Syrien. Die größte türkische Fluggesellschaft THY nutze den syrischen Luftraum seit einer Woche nicht mehr, hieß es.

Laut Menschenrechtsaktivisten setzte die syrische Luftwaffe in den vergangenen Tagen erneut weithin geächtete Streubomben ein. Wie Human Rights Watch (HRW) mitteilte, wurde die Streumunition aus Hubschraubern auf Gebiete nahe der Autobahn zwischen Damaskus und Aleppo abgeworfen. Die heimtückischen Bomben verteilen große Mengen von Sprengkörpern über weite Flächen, Menschen werden wahllos verletzt und getötet.

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