US-Magazin: Angela Merkel eiskalt

„Newsweek“ skizziert die Kanzlerin als emotionslose Karrierefrau.

Washington. Ein Bericht des US-Magazins „Newsweek“ über Kanzlerin Angela Merkel sorgt für Zündstoff: Sie sei eine eigennützige, emotionslose Karrierefrau, die sich gern mit jüngeren, glattrasierten, blonden Männern wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann umgebe, heißt es da. Und der Autor zieht einen bemerkenswerten Schluss: Für die Bewältigung der Euro-Krise verheiße der kühle, berechnende Pragmatismus der deutschen Regierungschefin nichts Gutes.

Kein europäischer Politiker seit Helmut Kohl stand so oft in den Schlagzeilen führender US-Medien wie Angela Merkel. Magazine haben ihr Titelgeschichten gewidmet, Forbes hat sie zur „mächtigsten Frau der Welt“ gekürt. „Newsweek“ unternimmt nun einen gewagten Versuch: Um ihre Handhabung der Schuldenkrise zu erklären, analysiert das Wochenmagazin die private Vergangenheit der Kanzlerin.

Ganz unvoreingenommen ist der britische Verfasser des Artikel, Roger Boyes nicht. Boyes erinnert sich an ein Interview, das er vor einigen Jahren mit Merkel führte. Als das Kanzleramt meinte, er habe eine Sperrfrist verletzt, habe ihn im Auftrag Merkels Regierungssprecher Wilhelm beschimpft. Penible Regeleinhaltung sei eben das Markenzeichen der weltmächtigsten Frau, resümiert Boyes, die nun auch versuche, den Euro-Ländern deutsche Präzision aufzuzwingen.

Aufgezählt werden angeblich aussagekräftige Beispiele aus ihrem Leben. So habe Merkel als Schülerin am Rande eines Sprungbretts gestanden, aber Angst gehabt, ins Wasser zu springen. Sie zögerte. Doch in der Sekunde, als die Schulklingel läutete, sprang sie doch. Eine Analogie zu ihrem Führungsstil, meint der Autor: Merkel zögert bis zur letzten Sekunde und handelt erst dann, wenn das Alarmsignal ertönt.

Ihr kalkulierendes, eigennütziges Wesen, so Newsweek, habe die Kanzlerin auch eiskalt in ihrem Privatleben unter Beweis gestellt. Fünf Jahre nach der Eheschließung mit Ulrich Merkel habe die damalige Doktorantin ihren Mann ganz plötzlich verlassen. Ein Mal aber kehrte sie zurück, als ihr ahnungsloser Gatte nicht da war, nämlich um den Kühlschrank mitzunehmen.

Eine berufliche Parallele sieht Boyes in Merkels Behandlung ihres politischen Mentors Helmut Kohl. Ihm sei sie nach der Parteispendenaffäre in den Rücken gefallen und habe die Partei zur Abnabelung aufgefordert, mit dem Ziel, ihren Weg an die Spitze zu pflastern. Kohl sei ihr als Verhandlungspartner um einiges voraus gewesen: Er konnte Emotionen zeigen und Freundschaften schließen, die auch den Weg bereiteten für politischen Konsens und Völkerverständigung. Merkel hingegen gehe persönlich auf Distanz, der Begriff „Merkozy“ etwa sei ihr angeblich zuwider.

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