Warum plötzlich so viele Asyl beantragen

Die Zahl der B ewerber vom Balkan steigt. Viele hoffen auf Hilfe — wenn auch nur für eine kurze Zeit.

Berlin. Kein Job, keine Wohnung, keine Arztversorgung, keine Schule: Das Leben ist für Roma in ihrer Heimat in Serbien und Mazedonien schwer. Viele versuchen, nach Deutschland zu gelangen — auch wenn es nur für ein paar Wochen oder Monate ist.

Viel mehr Zeit bleibt den meisten nicht, bis sie nach Hause geschickt werden. In der Zwischenzeit winken ihnen als Asylbewerber aber ein Dach über dem Kopf, Essen, medizinische Versorgung und Geld. Insbesondere Unions-Politiker — allen voran Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) — laufen nun Sturm gegen die steigende Zahl von Asylsuchenden vom Balkan.

Ihre Rezepte: Die Visafreiheit für beide Länder aussetzen, die Asylanträge schneller abarbeiten und abgelehnte Bewerber zügiger wieder abschieben. Friedrich will sogar Bundespolizisten einsetzen, die beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge helfen, die Anträge im Eiltempo zu bewältigen, damit die Asylbewerber wieder verschwinden. Und: Er will die Barzahlungen an Asylsuchende aus beiden Staaten kürzen. Das Minus beim Geld soll ihnen die Lust an Deutschland nehmen.

Günter Burkhardt ärgert die Diskussion. „Es wird der Eindruck vermittelt, es gehe um eine riesige Bedrohung, die auf uns zukommt“, sagt er. „Das ist absurd.“ Burkhardt ist Geschäftsführer und Mitbegründer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl. Es gehe um einige hundert Menschen. „Das ist keine horrende Zahl.“ Wenn Friedrich von massenhaftem Asylmissbrauch spreche, schüre er Vorurteile.

Pro Asyl vermutet, dass die Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien vor allem Roma sind, die vor schlechten Lebensbedingungen und dem nahenden Winter in ihrer Heimat fliehen. „Die Situation der Roma auf dem Balkan ist besorgniserregend“, sagt Burkhardt. Die Volksgruppe lebe dort am Rande der Gesellschaft und werde massiv diskriminiert.

Tatsächlich werben in Serbien und Mazedonien „Vermittlungsagenturen“ für den Weg nach Deutschland und Europa, organisieren Sonderfahrten mit Bussen für Asylbewerber. Aussicht auf ein Leben in Deutschland haben diese Menschen nicht.

Die Quote jener, denen Asyl gewährt wird, liegt laut Bundesinnenministerium bei „0,0 Prozent“. Als politisch Verfolgte gehen sie nicht durch. Unter den Roma aus Serbien und Mazedonien gilt aber schon die Gesundheitsversorgung in Deutschland als Argument für einen Asylantrag.

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