Ausbildung in Teilzeit: Eine Chance für junge Eltern

Die Ausbildung in Teilzeit erleichtert Müttern und Vätern den Einstieg in das Arbeitsleben.

Düsseldorf. Jacqueline Schwark ist 29 Jahre alt und hat drei Kinder. Mitten in der Schulzeit wurde sie zum ersten Mal schwanger. Trotzdem schaffte sie den Realschulabschluss.

Sie begann eine Ausbildung als Industriekauffrau, wurde erneut schwanger und brach die Lehre ab. Inzwischen hat sie noch ein weiteres Kind — und ihr Abitur nachgeholt. Als sie hörte, dass es die Möglichkeit einer Ausbildung in Teilzeit gibt, war sie Feuer und Flamme.

„Ich möchte ein gutes Vorbild für meine Kinder sein. Außerdem füllt mich das Mutter-Sein alleine nicht aus, das reicht mir nicht“, sagt die Neusserin. Sie ist Teilnehmerin des Förderprogramms „Teilzeitberufsausbildung — Einstieg begleiten — Perspektiven öffnen“ (TEP) im Neusser Kolping-Bildungswerk.

Die Förderlinie wurde 2009 vom Land NRW ins Leben gerufen und wird mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert. Grundlage ist das Berufsbildungsgesetz, das seit 2005 bei berechtigtem Interesse die Möglichkeit bietet, eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Während die Berufsschule ganztags besucht wird, beläuft sich die Arbeitszeit in der Regel nur auf 30 Wochenstunden.

Unterstützt werden sollen vor allem junge Mütter und Väter ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Anne Preuß vom Zentrum für Integration und Bildung (ZIB) in Solingen, das das Programm unterstützt, hält genau das für sehr wichtig: „Eltern sollten gleiche Chancen auf eine Ausbildung und eine existenzsichernde Berufswahl haben.“ TEP-Teilnehmer werden intensiv auf die Jobsuche vorbereitet und sollen schnell Erfahrungen in Praktika sammeln. Klappt es mit einem Ausbildungsplatz, werden sie auch danach noch rund acht Monate begleitet.

Jacqueline Schwark ist seit April beim Programm in Neuss dabei. Nachdem sie mit den Betreuern ihren Lebenslauf überarbeitet hat, klappte es mit einem Praktikumsplatz. Vier Wochen arbeitet sie jetzt in einem integrativen Kindergarten. „Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich Erzieherin oder Bürokauffrau werden möchte“, sagt sie.

Insgesamt haben in NRW seit dem Start des Programms 1300 junge Menschen teilgenommen. Die meisten davon sind Frauen mit Kindern. Wer abbricht, tut das meistens noch während der Vorbereitungsphase (39 Prozent). „Viele knicken dann ein, weil es ernst wird“, sagt Frank Martin Clauß, Referent für den Bereich Ausbildung bei der IHK Mittlerer Niederrhein.

Kernprobleme während der Ausbildung seien vor allem häufige Fehlzeiten. „Da muss man die teilnehmenden Betriebe früh für sensibilisieren“, erklärt die Neusser TEP-Koordinatorin Karin Lange.

„Im Schnitt finden landesweit rund 70 Prozent der Teilnehmer eine Anschlussperspektive“, macht Astrid Blumstein von der Regionalagentur Düsseldorf/Kreis Mettmann jungen Müttern Mut. Sie unterstützt Träger, die das Programm anbieten.

Nicht jede Frau mache direkt eine Ausbildung, einige müssten erst einmal eine Therapie beginnen oder würden sich für das Nachholen eines Schulabschlusses entscheiden. „Ich liebe dieses Programm. Es schafft ein Klima, in dem Frauen sich selbst finden und dann individuelle Entscheidungen treffen können“, so Blumstein.

„Junge Mütter sind gestandene Frauen mit jeder Menge Lebenserfahrung. Mit dem Fachkräftemangel im Blick kann man es sich nicht leisten, auf diese Kräfte zu verzichten“, sagt Clauß.

Trotzdem sieht er auch Probleme. Nicht jeder Beruf sei geeignet und teilweise sei es schwer, die verkürzte Arbeitszeit mit den Zeiten der Berufsschulen abzustimmen. Viele Betriebe seien skeptisch und die verlängerte Ausbildungszeit schrecke Teilnehmer ab. „Das Programm braucht Zeit sich zu entwickeln — aber man sollte den Frauen die Chance geben, aus festgefahrenen Strukturen auszubrechen“, so Lange.

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