Studieren im Internet - Virtuelle Uni soll in Schwerin entstehen

Schwerin (dpa) - Studieren ohne Hörsaal? Der Schweriner IT-Experte Alfons Rissberger hält das für möglich. Das Internet soll den Campus ersetzen - in der virtuellen Universität „VirtuS“.

Nach Kommunikation, Wirtschaft und Forschung wird das Internet auch die wissenschaftliche Lehre revolutionieren. Davon ist der IT-Experte Alfons Rissberger, einst Ideengeber für die bundesweite Internetinitiative D21, überzeugt. Und deshalb will der 64-Jährige die Gründung der ersten virtuellen Universität Deutschlands „VirtuS“ und eines Unternehmens für E-Learning-Software vorantreiben. Kenntnisse und Lehrmethoden der besten Professoren sollen in interaktiven Computerprogrammen komprimiert werden, die es Studenten weltweit ermöglichen, unabhängig von Ort und Zeit zu lernen. Doch erhofft sich Rissberger mehr Unterstützung durch Hochschulen und Bundespolitik.

Das Internet spielt im Alltag von Schülern und Studenten bereits eine große Rolle. Kann es - in der von Ihnen angestrebten virtuellen Universität - gar herkömmliche Vorlesungen und Seminare ersetzen?

Rissberger: Vorlesungen: Ja. Seminare: Nein. Bei unserem Projekt „VirtuS“, Virtuelle Universität Schwerin, werden sich die Studenten dreimal im Jahr zu Seminaren, Übungen und - in dieser Qualität neu - zu intensiven Beratungen zum Lebens- und Berufsweg an einem zentralen Ort treffen. Auch die Prüfungen für staatliche Abschlüsse werden dort abgelegt.

Reichen solche Treffen, um Vorlesungen im Internet zu verarbeiten, Fragen zu erörtern, Wissen zu festigen?

Rissberger: Die Studierenden kommen auch an ihren Wohnorten in VirtuS-Clubs zusammen und lernen gemeinsam. Sie haben untereinander und zu ihren Professoren zudem ständig Kontakt, mit Skype zum Beispiel. Diese Form der Kommunikation ist doch längst gang und gäbe, sehr effektiv und erfordert keinen großen technischen Aufwand.

Einige Wissenschaftler warnen vor dem Verlust sozialer Kompetenz und fürchten, dass Computer und Internet auch „dumm“ machen können, weil sie oft weniger zum Nachdenken und eher zum Nachschauen animieren.

Rissberger: Alle Forschungsergebnisse beweisen, dass das Gegenteil der Fall ist. Die soziale Kompetenz steigt sogar. Ich bin sicher, in einer virtuellen Uni werden die Studienzeiten kürzer, die Prüfungsergebnisse besser - und die Chancen auf einem zunehmend globalisierten Arbeitsmarkt steigen.

Sie verweisen darauf, dass es weltweit Projekte für virtuelle Unis schon gibt. Verschläft Deutschland eine wichtige Entwicklung?

Rissberger: Im amerikanischen Stanford hat ein deutscher Professor die Idee realisiert, die auch ich vor elf Jahren schon hatte. Hier bei uns tut man sich aber eher noch schwer. Dabei kann Deutschland - auch durch E-Learning - wieder zu einem international anerkannten Wissenschaftsstandort werden. Betrachtet man das Ranking, ist das momentan nicht der Fall.

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