Wann befristete Arbeitsverträge unwirksam sind

Gütersloh (dpa/tmn) - Ein befristeter Vertrag folgt auf den nächsten: Für viele Arbeitnehmer ist das Realität. Doch was ist eigentlich erlaubt? Angestellte sollten ihre Rechte kennen. Unter Umständen ist die Befristung unwirksam - und die Festanstellung nicht weit entfernt.

Eingestellt für ein bestimmtes Projekt oder als Vertretung für eine schwangere Kollegin: Es gibt viele Gründe, warum ein Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag befristen darf, auch mehrmals. Doch längst nicht alle Kettenbefristungen sind erlaubt. „Die Chancen der Arbeitnehmer liegen im Detail“, sagt Johannes Schipp, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Gütersloh.

Jetzt könnten etwa auch jene vor Gericht auf Festanstellung klagen, die zum achten, neunten oder zehnten Mal einen befristeten Vertrag bekommen haben: Am Mittwoch (17. Juli) hat das Bundesarbeitsgericht mit einem Urteil die Kettenbefristung von Arbeitsverträgen erschwert (Aktenzeichen: 7 AZR 443/09). Sehr lange Kettenbefristungen seien unter Umständen unwirksam, so das Gericht. Künftig müssen Arbeitgeber begründen können, warum bei mehrmaligen Befristungen ein Vertrag nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt wird.

Geklagt hatte eine Frau, die mit insgesamt 13 befristeten Verträgen mehr als 11 Jahre als Vertretung beim Amtsgericht Köln beschäftigt war. In derartigen Fällen, in denen die Befristungen fast die gesamte Erwerbsbiografie umfasse, liege ein Missbrauch nahe, sagte Gerichtssprecherin Inken Gallner. Das Landesarbeitsgericht Köln muss daher nun die Klage der 34-Jährigen auf Festanstellung erneut verhandeln.

Das Urteil hat nach Einschätzung von Arbeitsrechtlern Breitenwirkung. Arbeitnehmer könnten jetzt nicht mehr uferlos mit der Begründung eines Vertretungsbedarfs befristet beschäftigt werden, sagte die DGB-Arbeitsrechtsexpertin Martina Perreng. „Auch wenn noch keine genauen Grenzen abgesteckt wurden, ab wann es sich um einen Missbrauch handelt, ist der Richterspruch ein Schritt in die richtige Richtung.“

Aus Sicht der Arbeitgeber wirkt sich das Urteil vor allem auf den öffentlichen Dienst aus. „In der Privatwirtschaft sind wiederholte Befristungen für denselben Arbeitnehmer aufgrund von Vertretungsbedarf unüblich“, erklärte ein Sprecher der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Er verwies darauf, dass deutlich mehr als die Hälfte aller befristet Beschäftigten in Deutschland unmittelbar in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen würden.

Stellt sich die Frage, ab der wievielten Befristung Arbeitnehmer protestieren dürfen: Haben sie erst den vierten oder fünften befristeten Arbeitsvertrag bekommen, könnten sie eine unbefristete Festanstellung wohl noch nicht vor Gericht erzwingen, erklärt Schipp.

Befristete Arbeitsverträge können allerdings noch aus anderen Gründen unwirksam sein. Hoffnung könnten sich etwa jene Mitarbeiter machen, deren Arbeitsvertrag aus einem Grund befristet ist, der nur vorgeschoben ist: „Da wird zum Beispiel behauptet, ein Arbeitnehmer werde für ein zeitlich begrenztes Projekt eingesetzt. In Wahrheit ist es aber auf Dauer angelegt“, erklärt Schipp. In solchen Fällen sei eine Befristung unwirksam.

Gute Karten hätten auch Angestellte, die den befristeten Vertrag erst unterschreiben, wenn sie bereits angefangen haben zu arbeiten. „Auch in einem solchen Fall hat die Befristung vor Gericht keinen Bestand“, sagte Schipp.

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