Wie werde ich..? Stuckateur

Hamburg (dpa/tmn) - Sie arbeiten in Gründerzeit-Villen genauso wie in Neubauten: Stuckateure. Die Alleskönner vom Bau verputzen Wände und hängen Decken ab. Mancher restauriert auch wunderschönen alten Stuck - und sieht dabei die Häuser der Reichen von innen.

Eine Wohnung, die sieben Millionen Euro kostet, ist für Jascha Langbehn längst Normalität. Fünf-Meter-Decken, breite Treppen, Kronleuchter: Langbehn hat das alles schon so oft gesehen. Der 23-Jährige betritt durch seinen Beruf Häuser, von denen die Meisten nur träumen können. Er macht im dritten Lehrjahr eine Ausbildung zum Stuckateur.

„Die meisten Wohnungen sind leer, wenn wir da arbeiten“, sagt er. „Doch es kam auch schon vor, dass wir nach einem Wasserrohrbruch den Stuck repariert haben und da saß die Familie am Frühstückstisch.“ Doch die Einblicke in fremde Leben seien nur ein Nebeneffekt. Ihn fasziniert die künstlerische Arbeit mit den Gipselementen: „Wenn man es einmal gemacht hat, packt es einen schon ziemlich“.

Alten Stuck zu restaurieren, ist eine Aufgabe der Spezialisten. Daneben sind Stuckateure aber auch für ganz andere Aufgaben zuständig: So machen sie etwa energetische Sanierungen von Gebäuden, sagt Frank Schweizer, Leiter des Ausbildungszentrums für Stuckateure in Leonberg in Baden-Württemberg. Mithilfe von Materialen wie Mineralwolle, Steinwolle und Styropor sorgen sie für eine gute Wärmedämmung. Stuckateure sind am Werk, wenn in einer Wohnung die Decken abgehängt werden sollen oder ein Dachgeschoss ausgebaut wird. Schließlich machen sie an Rohbauten die Putzarbeiten und sorgen mit Kalk und Lehm für optische Verschönerungen.

662 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum Stuckateur gab es 2011, so der Zentralverband des deutschen Handwerks. Unter ihnen sind kaum Frauen. Langbehn schätzt an seiner Arbeit die Abwechslung: „Das Tolle ist, dass man einerseits in der Werkstatt arbeitet - dann aber auch auf der Baustelle ist, die Elemente einbaut und sieht, wie schön es am Ende aussieht“, sagt Langbehn.

Sind die Stuckateur-Azubis nicht in der Werkstatt oder auf dem Bau, besuchen sie die Berufsschule. Einige Wochen im Jahr verbringen sie in einem überbetrieblichen Ausbildungszentrum. Das sei bei den Stuckateuren eine Besonderheit, sagt Cornelia Vater, Leiterin der Abteilung Berufsbildung im Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB).

In einem dieser Ausbildungszentren ist auch Lothar Langbehn tätig, der Großvater von Jascha Langbehn. Nachdem sein Sohn den Betrieb übernahm, wollte der 77-Jährige nicht untätig zu Hause sitzen. Jetzt unterrichtet er als Meister in der Lehrwerkstatt in Hamburg. Es schmerzt ihn, dass immer weniger junge Menschen das Handwerk lernen wollen: „Vor zehn Jahren hatten wir oft 15 Lehrlinge, jetzt sind es gerade noch 9.“ Die Arbeit auf dem Bau und der ständige Blick zur Decke schrecke viele ab.

Als Stuckateur müsse man schon einiges aushalten, sagt Azubi Langbehn. „Man sollte keine Memme sein: 30-Kilo-Säcke mit Gips schleppen und bei Kälte draußen arbeiten, muss man schon abkönnen.“ Er hat bereits zwei der drei Jahre Ausbildung hinter sich. Bei der Abschlussprüfung im kommenden Jahr müssen die Auszubildenden eine praktische Aufgabe lösen. Dazu kommt eine schriftliche Prüfung in Stuck und Putz, Trockenbau und Wirtschafts- und Sozialkunde.

Während Langbehn sich direkt für die drei Jahre Stuckateursausbildung entschieden hat, gibt es auch die Möglichkeit, zunächst eine zweijährige Ausbildung zum Ausbaufacharbeiter zu machen. An diesen kann man dann eine einjährige Spezialisierung als Stuckateur anhängen.

Die Bezahlung ist nach Tarif in jedem Fall gleich: Sie beginnt im Westen bei 648 Euro und im Osten bei 564 Euro im ersten Lehrjahr, so die Bundesagentur für Arbeit. Im dritten Ausbildungsjahr endet sie bei 1259 Euro im Westen und 978 Euro im Osten. Nach der Ausbildung bekommen Stuckateure rund 17 Euro brutto die Stunde. Die Karrierechancen sind gut, sagt Vater vom ZDB. „Danach gibt es die Möglichkeit, den Vorarbeiter oder den Meister zu machen, mit dem man einen eigenen Betrieb eröffnen kann.“

Welchen Weg er selbst einschlagen will, hat Jascha Langbehn noch nicht entschieden. Infrage kommen der Meister oder ein Studium als Bauingenieur. „Dass man sich selbstständig macht, wird schon begrüßt. Aber es gibt da auch Risiken, die einen abschrecken“, sagt Langbehn. Sein erster Ausbildungsbetrieb hat während der Lehre Pleite gemacht.

Doch erst einmal vollendet er das letzte Ausbildungsjahr. Es mache Spaß, sich mit den Baustilen aus unterschiedlichen Jahrzehnten zu befassen, sagt er. Und er erörtert gerne im Kundengespräch, welcher Stuck zu welcher Person passt. „Denn nicht in jeden Raum oder zu jeder Person passt jeder Stuck“, sagt er. Langbehn senior gefällt fast jede Art von Stuck. Bei ihm zu Hause ist fast jedes Zimmer damit verziert.

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