Die Angst vor dem Zahnarzt — wie Kindern die Furcht vor dem Bohrer genommen wird

Zahnarztbesuche sind für viele Menschen ein notwendiges Übel, das zumindest jedes halbe Jahr einmal in Kauf genommen wird. Tatsächlich fürchtet sich heutzutage jeder Zehnte so sehr vor dem Zahnarzt, dass er ihn sogar bei Schmerzen meidet und das wiederum kann schwere gesundheitliche Folgen haben — das zumindest ermittelte eine

id=61&no_cache=1&tx_ttnews%5Btt_news%5D=485" target="_blank">repräsentative Umfrage einer Arbeitsgruppe der Belgischen Universität Wuppertal in Zusammenarbeit mit dem Oralchirurgen Peter Jöhren. Die Rede ist in einem solchen Fall von einer sogenannten Dentalphobie, die im Erwachsenenalter oftmals nur mit einer intensiven Verhaltenstherapie behandelt werden kann. Die ersten Ängste vor dem Zahnarzt entwickeln sich in der Regel schon in der Kindheit, wenn Spritze, Bohrer oder das Zahnarztbesteck erstmals zum Einsatz kommen. Ungewohnte Geräusche, ein klinisch steriler Geruch und nicht zuletzt die Tatsache, dass viele Behandlungen auch ein wenig schmerzhaft sein können, tragen dazu bei, dass der Zahnarztbesuch häufig alles andere als angenehm verläuft. Eltern sollten diesbezüglich in jedem Fall verantwortungsvoll und vorausschauend handeln, denn gerade Zahnprobleme können sich im späteren Leben als fatal erweisen. Nicht nur Beeinträchtigungen im sozialen Miteinander können so entstehen, auch dauerhafte Zahnschmerzen, schmerzhafte Behandlungen und nicht zuletzt natürlich auch ein teurer Zahnersatz können dann die Folge sein. Rechnungen über mehrere tausend Euro sind ohne Zusatzversicherung in einem solchen Fall außerdem keine Seltenheit, wie auch folgender Beitrag noch einmal verdeutlicht.

Damit die Angst vor dem Zahnarzt sich allerdings gar nicht erst so stark entwickelt und das Gebiss von Anfang an gesund bleibt, sollte bereits im Kindesalter ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Zahnarzt, den Behandlungsmethoden und natürlich der eigenen Mundhygiene erlernt werden. Doch wie genau kann den Kleinen die Angst vor Bohrer, Spritze und Zahnarztklinik am besten genommen werden und was sollten Eltern dabei beachten?

1. Vorsorge ist die wichtigste Basis
Damit es gar nicht erst zu Löchern in den Zähnen kommt und die Kids im Idealfall vom Bohrer oder einer Zahnfüllung verschont bleiben, sollte vor allem die Zahnpflege stimmen und am besten so früh wie möglich nähergebracht werden.

• Wann kann mit der Zahnpflege begonnen werden?
Sobald der erste Zahn durchgebrochen ist, können Eltern sich bereits näher mit der Zahnpflege ihres Nachwuchses beschäftigen. Zunächst genügt hierbei ein einmaliges tägliches Reinigen abends vor dem Schlafengehen. Für die Zahnbürste ist es in diesem Alter aber noch zu früh, besser ist hingegen ein sauberer Baumwolllappen, der mit warmem Wasser angefeuchtet wird.

• Der erste Einsatz mit der Zahnbürste
Ab einem Alter von 18 Monaten darf schließlich erstmals die Zahnbürste zur Anwendung kommen. Auch hier genügt noch ein einmaliges Putzen der Zähne vor dem Schlafengehen, warmes Wasser ist statt einer Zahnpasta völlig ausreichend. Ab einem Kindesalter von 2 Jahren sollte bereits zweimal täglich geputzt werden — zunächst noch mit etwas Hilfe und Führung der Eltern, schon bald wird der Nachwuchs dies allerdings auch allein können. Eltern sollten versuchen, den Umgang mit der Zahnbüste möglichst spielerisch näherzubringen, sodass die Kinder Freude daran haben.

• Wann kann Zahnpasta verwendet werden?
Sobald ein Kind zwei Jahre alt ist, kann Zahnpasta verwendet werden. Hierbei bietet sich eine spezielle Kinderzahnpasta an, allerdings sollte diese keinen allzu süßen oder fruchtigen Geschmack haben, da dies zum Verschlucken animiert. Untersuchungen ergaben außerdem, dass Fluoride in direktem Kontakt mit dem Zahn am besten wirken (es gibt auch Tabletten), daher sollte so früh wie möglich eine entsprechende Paste genutzt werden. Ganz wichtig: Nicht mehr Zahnpasta nehmen, als auf einen Kleinfingernagel des Kindes passt und den Nachwuchs immer wieder ermahnen, die Zahnpasta auszuspucken.

2. Den Zahnarztbesuch zu einem positiven Erlebnis machen
Der erste Zahnarztbesuch wird ab einem Alter von zwei bis drei Jahren notwendig, normalerweise ist hier aber lediglich eine Untersuchung und keine Behandlung erforderlich. Es ist entscheidend, dass bereits von Anfang an eine Vertrauensbasis zwischen dem Kind und dem Zahnarzt geschaffen wird. Hierfür kann es bereits helfen, wenn der Nachwuchs zunächst zu einem Termin der Eltern mitgenommen wird, denn so kann er direkt miterleben, dass auch die Eltern keine Angst vor dem Termin haben und dem Arzt gegenüber gelassen sind. Am besten sollte dafür jedoch keine Behandlung, sondern nur eine Standard-Untersuchung vorgesehen sein, denn das laute Bohren oder sonstige Behandlungsschritte können doch ein wenig einschüchternd sein. Ganz allgemein sollte also eine positive Einstellung vermittelt werden. Eltern sollten versuchen, den Termin als etwas Selbstverständliches zu betrachten, dem Zahnarzt gegenüber positiv gestimmt sein, sodass sich diese Stimmung auch auf das Kind überträgt. Ausrufe wie „Oh nein, bald muss ich wieder zum Zahnarzt!“ gilt es daheim außerdem tunlichst zu vermeiden.

3. Thema genauer mit den Kindern besprechen
Ein Zahnarztbesuch darf im Vorfeld durchaus ein wenig näher beleuchtet werden, sodass dem Kind zumindest kleine Unsicherheiten genommen werden. Was genau passiert dort, warum ist der Zahnarzt überhaupt so wichtig? Vorsorglich trösten sollten Eltern hingegen besser nicht, denn ein „so schlimm ist es gar nicht“ oder „das tut gar nicht weh“ wirken weniger beruhigend, sondern lösen oftmals sogar eher weitere Ängste aus. Kinder haben im Vorfeld außerdem meist schon — zum Beispiel von Freunden — vom Bohrer oder der Spritze gehört. Fragen diesbezüglich sollten auf jeden Fall beantwortet werden, aber in einer kindgerechten Weise. So hat der Bohrer beispielsweise nichts mit einer Bohrmaschine zu tun und auch die Spritze piekst nur einmal ganz kurz, um ein Schlafmittel zu verabreichen. Eltern sollten in jedem Fall aber immer ehrlich bleiben — ist also eine unangenehme Behandlung vorgesehen, so sollte diese nicht unnötig beschönigt werden. Denn tut es dann letztendlich doch weh, so ist das Vertrauen zum Zahnarzt dahin. Hier ist es außerdem entscheidend, dass das Kind nicht das Gefühl hat, zu etwas gezwungen zu werden. Umso wichtiger also, dass die Gründe des Zahnarztbesuches für den Nachwuchs nachvollziehbar sind.

• Ein guter Tipp, damit das Kind sich nicht ganz so allein fühlt während des Arztbesuches: Lieblingskuscheltier als Vertrauten mitnehmen.


4. Verhaltensregeln für Ärzte
Es liegt jedoch nicht nur am Patient allein, ob der Termin problemlos vonstattengeht, auch ein guter und verständnisvoller Arzt kann entscheidend dazu beitragen. Bereits im Wartezimmer lohnt es sich beispielsweise, auf ein nicht allzu klinisches Ambiente zu setzen, sodass die Kinder nur an die bevorstehende Untersuchung denken. Besser sind hingegen Ablenkungen in Form von Zeitschriften, Spielzeug oder Fernsehen. Die Leidenszeit kann so effektiv verringert werden (das gilt natürlich auch für erwachsene Patienten). Grundsätzlich sollte der Arzt außerdem erklären, was er vorhat und was gleich passieren wird. Ein Erschrecken vor dem Bohrer oder Ähnliches bleibt so aus. Viele Kinder wie auch ängstliche Patienten allgemein leiden außerdem darunter, dass sie der Situation scheinbar hilflos ausgeliefert sind. Hier kann jedoch Abhilfe geschafft werden, indem einfach im Vorfeld ein Handzeichen oder ähnliches vereinbart wird — so entsteht ein gewisses Gefühl der Kontrolle und das wiederum beruhigt. Entscheidend ist außerdem, dass der Arzt Mitgefühl zeigt und seine Behandlung nicht einfach nur wortlos „durchzieht“. Auf Ängste sollte daher in jedem Fall eingegangen werden, ebenso kann immer einmal wieder zwischendurch nachgehorcht werden, ob alles in Ordnung ist.

5. Angst und Unbehagen — was tun?


Handelt es sich bereits um eine ausgewachsene Phobie vor dem Zahnarzt, so ist guter Rat meist teuer. Denn diese Angst zu nehmen, ist keine leichte Aufgabe, insbesondere dann, wenn sie schon seit einigen Jahren besteht. Bei einer ausgeprägten Dentalphobie sind daher andere Behandlungsmethoden gefragt. Einerseits gehört dazu die professionelle Beratung gemeinsam mit den Eltern, bei der lediglich ein Gespräch ohne Untersuchung oder Behandlung stattfindet. Praxis und Vorhaben können so ausführlich erklärt werden, sodass das Behandlungszimmer als sicherer Raum kennengelernt wird. Je nach Stärker der Phobie kann in der nächsten Sitzung bereits der Mundraum untersucht werden, allerdings ohne Behandlung, damit die Eingewöhnung wirklich Schritt für Schritt erfolgt. Besonders wichtig bei Kindern ist außerdem eine schmerzfreie Behandlung, Betäubungsmittel sind hier also durchaus sinnvoll, solange sie sich an den Bedürfnissen der Kinder ausrichten. Was genau dafür in Frage kommt und wie hoch die Erfolgschancen einer Verhaltenstherapie für Kinder eigentlich sind, zeigt ein umfassender Artikel von Gudrun Sartory, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie.

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