Arbeit als Leih-Großeltern - Nachfrage schwindet

Karlsruhe (dpa) - Manchmal passt einfach alles zusammen: Mütter brauchen eine Kinderbetreuung und alte Menschen suchen eine Aufgabe, die sie jung hält. Seit dem Anspruch auf einen Kita-Platz für alle aber geht die Nachfrage nach Leih-Omas und -Opas spürbar zurück.

Arbeit als Leih-Großeltern - Nachfrage schwindet
Foto: dpa

Selina, Lukas und Ayla unterbrechen ihr Spiel und laufen zu den Omas und Opas, die sich liebevoll um die Kleinen kümmern. Dass es nicht ihre eigenen Großeltern sind, merkt man nicht. Die Eltern der drei Kleinen nutzen das Angebot der Leih-Omas und -Opas des Karlsruher Projekts „Alt & Jung Hand in Hand - Kinderbetreuung durch Seniorinnen und Senioren“. Ähnliche Initiativen gibt es auch an anderen Orten.

Schon seit 1996 kümmern sich Senioren im Karlsruher Stadtkreis ehrenamtlich um Kinder vom Säuglingsalter bis zu drei Jahren. „Alt und Jung“, gemeinsam vom Kinderbüro und Seniorenbüro der Stadt Karlsruhe getragen, füllte früh die Lücke, die dadurch entstanden war, dass es für Kinder unter drei Jahren noch kein Anrecht auf Kita-Plätze gab, erklärt Sibylle van Schoor, die das Projekt ins Leben gerufen hat. „Meine Mutter war in Hamburg eine begeisterte Leih-Oma“, sagt die 69-jährige Projektleiterin. „Dann habe ich es hier "eingeschleppt'. Wir waren Vorreiter, denke ich.“ Mit vollem Erfolg. Der Bedarf war groß - auf beiden Seiten. Mütter brauchten verlässliche Helfer für die Kleinkindbetreuung und die Senioren eine Beschäftigung.

„Wir machen das gern und haben Spaß dabei. Schließlich sind wir selbst alt, da müssen wir uns doch nicht nur mit Alten umgeben“, lachen die Senioren. Sie spielen, lesen den Kindern vor oder übernehmen die Rolle einer Bobby-Car-Polizei. Auch Opa Rolf Golly, der gerade die „Spielauto-Durchfahrtscheine“ für die Kleinen kontrollieren muss, ist von Anfang an dabei. „Opas sind besonders beliebt“, weiß van Schoor. Sie spielen auch mal Fußball und toben mit den Kindern. Eltern und Omas treffen sich zum Austausch, van Schoor will darauf achten, dass die Ehrenamtlichen nicht übervorteilt und als kostenfreie Babysitter ausgenutzt werden.

Dank des großen Bedarfs kamen 2003 die „offenen Wochentreffs“ in 18 Karlsruher Stadtteilen hinzu. Hier können Mütter ihre Kleinkinder für zwei Stunden die Woche vormittags bei den Omas und Opas abgeben und die Zeit für sich nutzen. Dort spielen die Kinder mit den Senioren oder Gleichaltrigen.

Es sei ein Unterschied, ob die Kinder in die Kita gingen oder bei Großeltern seien, sagt eine Leih-Oma. Sie betreut einen Jungen, der morgens in der Kita ist. Ihm fehle der „normale Alltag“ mit Staubsaugen, Einkaufen, Kochen, erklärt sie. All das hole er mit Begeisterung mit ihr nach und genieße den unspektakulären Alltag.

Nachdem nun auch die Kleinsten einen Anspruch auf einen Kita-Platz haben, mangelt es dem Projekt mittlerweile an Kindern. „Früher waren es hier zehn bis zwölf Kinder“, sagt Initiatorin van Schoor. Die Projektteilnehmer überlegen, ob sie den Treff auch nachmittags anbieten, um neue Zielgruppen zu finden.

Auch bei den Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kitas schicken, möchte van Schoor das Angebot bekannter machen: „Gerade auch für diese Eltern wäre eine Leih-Oma perfekt.“ Aufgeben will keiner der Senioren die Arbeit mit den Kindern. Sie bringe so viel und „macht fast schon wieder jung“, sagen sie. Keinem der Senioren merkt man an, dass sie teils weit über 70 Jahre alt sind.

Auch die Kinder und Mütter profitieren davon. Das Loslassen und die Eingewöhnung später in den Kindergarten fallen wesentlich leichter. „Ich bin froh, dass es das Angebot gibt“, sagt die Mutter von Lukas. „Am Anfang fiel es mir schwer, ihn abzugeben. Aber es war auch für ihn ein gutes Training.“ So sieht das auch die Mutter von Ayla und Selina. Sie hoffen, dass das Angebot nicht aus Mangel an Kindern einschläft.

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