Arbeiten für einen Tag: Ehrenamtliche Projekte für Schüler

Neumünster (dpa/tmn) - Vor dem Bundespräsidialamt Rasen mähen statt Mathe? Um diese und andere Aktionen geht es beim Sozialen Tag. Hier arbeiten Schüler einen Tag lang ehrenamtlich. Für viele ist er der Anstoß, sich auch den Rest des Jahres sozial zu engagieren.

Arbeiten für einen Tag: Ehrenamtliche Projekte für Schüler
Foto: dpa

An vielen Schulen steht einmal im Jahr soziales Engagement anstelle von Mathe, Deutsch und Geografie auf dem Stundenplan. Am Sozialen Tag gehen bundesweit Schüler arbeiten. Dieses Jahr stellten beispielsweise die Ministerpräsidenten Hannelore Kraft und Torsten Albig Mädchen und Jungen ein. Andere arbeiteten bei Twitter oder der „Berliner Zeitung“. Ihre Einnahmen spenden die Jugendlichen anschließend an die gemeinnützige Stiftung „Schüler Helfen Leben“. Sie rief den Sozialen Tag 1998 ins Leben und organisiert ihn seitdem jedes Jahr.

Rund 80 000 Schüler sammelten auf diesem Weg im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Euro. Wohin das Geld geht, entscheiden die Jugendlichen selbst. „Vor jedem Sozialen Tag gibt es ein Treffen, zu dem alle Schulen zwei Vertreter schicken können“, erläutert Anna-Lena Oltersdorf von „Schüler Helfen Leben“. Dort können sie zwischen verschiedenen Projekten auswählen, die sie mit Spenden fördern wollen.

Mit dem Geld aus diesem Jahr sollen beispielsweise zwei Projekte unterstützt werden: der Betrieb von drei Kindergärten in einem Camp für syrische Flüchtlinge in Nordjordanien sowie Theater-, Kunst- und Musikworkshops in einem Flüchtlingslager in Bosnien. Dort leben nach dem Balkankrieg in den 90er Jahren immer noch Tausende Menschen.

Leonie Trapp organisierte an ihrem Gymnasium in Sankt Peter-Ording den Sozialen Tag mit. Das reicht der 17-jährigen Schülerin aber nicht. Dieser Tag sei ja nur einmal im Jahr, sagt die Zwölftklässlerin. Sie hingegen ist das ganze Jahr aktiv. Zuletzt plante sie Anfang August gemeinsam mit einer Schulfreundin ein Benefizkonzert. „Sankt Peter-Ording ist im Sommer voller Leute. Da könnten wir etwas starten.“ Damit war die Idee geboren. Innerhalb weniger Wochen organisierten sie Location, Bands, Sponsoren und kümmerten sich um GEMA-Anträge.

„Insgesamt gingen dafür sicher über 50 Stunden Zeit drauf“, schätzt Trapp. Und Nerven: Die Zusage der letzten Band kam erst eine Woche vor dem Konzert. Das Event, direkt an den Dünen der Nordsee, ging schließlich reibungslos über die Bühne. „Als wir starteten, kam die Sonne endlich raus.“ Während des fünfstündigen Konzerts mit Rahmenprogramm wie Tombola und Kindertöpfern kam immerhin ein hoher dreistelliger Betrag zusammen, den Trapp und ihre Mitstreiterin spenden konnten.

Ihre Begeisterung für soziales Engagement entdeckte Leonie Trapp nach einem Vortrag zum Thema Entwicklungshilfe. „Danach haben wir gedacht: Wir dürfen nicht nur darüber reden, wir müssen etwas machen.“ Die Mädchen riefen eine Schul-AG ins Leben, die sich um soziale Projekte kümmert. Sie wolle den Leuten zeigen, dass es Menschen in anderen Ländern viel schlechter gehe. „Die müssen wir unterstützen, und das Wissen will ich weitergeben“, erzählt sie.

Jugendliche profitieren in ihrer Entwicklung von solch einem Engagement. „Im Ehrenamt erleben sie sich als Teil der Gesellschaft“, sagt Prof. Heinz Reinders. Er ist Bildungsforscher an der Universität Würzburg. In einer Langzeitstudie erhob Reinders, dass mehr als die Hälfte der aktiven Jugendlichen fünf bis zehn Stunden pro Monat in soziales Engagement und Ehrenamt investieren. Ein Drittel kam sogar auf mehr als zehn Stunden. Er betont aber: „Das Angebot muss attraktiv sein. Sie wollen eigene Fähigkeiten einbringen und selbst etwas bewirken.“

Aus diesem Grund seien Engagements in Sportvereinen, kirchlichen Verbänden, aber auch bei der Jugendfeuerwehr oder in Wohlfahrtsverbänden am weitesten verbreitet. Schon Kinder können sich sozial engagieren: „Je jünger sie sind, desto intensiver sollten sie allerdings dabei von Erwachsenen begleitet werden“, erklärt Reinders. Gut geeignet sei beispielsweise ein kleines Umweltschutzprojekt in der dritten oder vierten Klasse.

Schulen übernehmen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, soziales Engagement bei jungen Leuten zu fördern. „Gerade für die Schüler, die aus ihrem sozialen Umfeld wenige Anreize zu einem solchen Engagement bekommen“, sagt Reinders.

Service:

Der nächste Soziale Tag findet am 9. Juli 2015 statt. Wer mitmachen will, sollte an seiner Schule dafür Werbung machen. Denn anmelden können sich nur ganze Einrichtungen, keine Einzelpersonen.

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