Es geht auch ohne Mord - 50 Jahre „Die drei ???“

Stuttgart (dpa) - In Rocky Beach wird es niemals einen Mord geben. Und trotzdem ist Spannung garantiert und „sicherer Grusel“, wie man sagt - denn hier ermitteln „Die drei ???“. Und das seit inzwischen 50 Jahren.

Es geht auch ohne Mord - 50 Jahre „Die drei ???“
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Für die einen sind sie ein unerklärliches Phänomen, für die anderen schlichtweg Krimi-Kult pur: die drei gewitzten und ewig jungen Hobby-Detektive Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews - sehr viel besser bekannt als „ Die drei ???“ (sprich: Die drei Fragezeichen). Vor 50 Jahren stand „The Master of Suspense“ Alfred Hitchcock (1899-1980) Pate für die ersten Bände.

Ob das aber maßgeblich war für den beispiellosen Erfolg der 1964 von dem Journalisten Robert Arthur erfundenen Jugendkrimireihe, darf zumindest bezweifelt werden. Denn in Amerika gibt es die Reihe seit mehr als 25 Jahren nicht mehr. Sie ist längst ein deutsches Phänomen.

Mit beeindruckenden Zahlen: 16,5 Millionen verkaufte deutsche Bücher, errechnete der Stuttgarter Kosmos Verlag. Band 175 ist gerade auf dem Markt, womit „Die drei ???“ mit ihren auffälligen und anfangs auch heftig umstrittenen schwarzen Covern die wohl älteste und erfolgreichste Jugendkrimireihe im deutschsprachigen Raum sein dürften. Hinzu kommen 300 000 verkaufte Spiele und 700 000 Detektivboxen mit Geheimschrift oder Fingerabdruckpulver.

Noch ganz andere Dimensionen haben die Hörspiele erreicht: 44 Millionen Hörspielkassetten und CDs sind laut Kosmos bisher verkauft worden. 167 Folgen gibt es. Die erste kam vor 35 Jahren auf den Markt. Selbst Erwachsene strömen zu Aufführungen mit den drei Spürnasen. Sage und schreibe 20 000 Fans, darunter viele in Kindheitserinnerungen schwelgende Erwachsene, hörten jüngst in der Berliner Waldbühne den eigens für die Live-Show geschriebenen Fall „Phonophobia - Sinfonie der Angst“. Die offizielle Facebook-Seite der Reihe hat mehr als 163 000 Fans.

„Wir übernehmen jeden Fall“ steht auf der Visitenkarte des Trios, das immer Sommerferien zu haben scheint, sein Hauptquartier in einem Wohnwagen auf einem Schrottplatz hat, Höhlen und Inseln erkunden darf und ein spannendes Abenteuer nach dem nächsten erlebt. Ein Traum für die Zielgruppe zehn bis 14. Hirn und Anführer ist Justus „Pummel“ Jonas, der ursprünglich Jupiter Jones hieß. Den Gegenpart nimmt Sonnyboy und Sport-Ass Peter Shaw ein, der aber gerne mal als Erster Muffensausen hat und ausschert. Die Rolle des Vermittlers kommt dem nachdenklichen Bob Andrews zu, zuständig für Recherche und Archiv.

Trotzdem stellt sich die Frage nach dem Rezept für den Erfolg. Lektorin Anja Herre hat zumindest ein Qualitätsmerkmal parat: Die Abenteuer in der fiktiven kalifornischen Küstenstadt Rocky Beach brauchen keinen Mord. „Das ist uns ganz wichtig.“ Und: „Da halten wir dran fest“, sagt Herre. Eltern könnten sich stets auf den „sicheren Grusel“ verlassen, dass jeder noch so kniffelige Fall mit Köpfchen und Kombinationsgabe gelöst wird, und dass am Ende alles immer gut wird.

In den USA habe man versucht, die Reihe dem Zeitgeschmack anzupassen. „Man fürchtete wohl, das Ganze sei zu behäbig“, sagt Herre. Der Versuch ging aber schief, Anfang der 90er Jahre wurde die Reihe dort eingestellt.

Anders auf dem deutschen Markt. 1968 erschien hier der übersetzte erste Band „Die drei ??? und das Geisterschloss“. Der Erfinder der Reihe schrieb übrigens selbst nur zehn Bände - und Hitchcock nicht einen. Der berühmte Filmregisseur trat nur als Figur auf, verschaffte den Dreien ihre ersten Fälle und gab den Lesern in den ersten Bänden Tipps fürs Miträtseln - die aber auch aus Arthurs Feder stammten. Hitchcock stand nur werbewirksam Pate, etwa im Originaltitel des ersten Bandes: „Alfred Hitchcock and the Three Investigators in the Secret of Terror Castle“.

Von einem „Phänomen“ spricht Doris Breitmoser, die Geschäftsführerin des Arbeitskreises für Jugendliteratur (AKJ), beim Blick auf „Die drei ???“. Zum einen gebe es die Faszination von Reihen allgemein, mit bekannten Helden und vertrauter Umgebung. Zum anderen seien die Charaktere klar und verkörperten ein Freundschaftsbild, das abhanden zu kommen scheint.

„Die Eckdaten und das Personal ist klar - so kann man sehr rasch in jede Geschichte einsteigen.“ Extrem wichtig sei aber natürlich die Spannung. Ein Rezept für den Erfolg lasse sich daraus aber nicht entwickeln. Das zeige sich auch daran, dass ähnliche Reihen - wie „TKKG“ etwa - niemals diesen Kultstatus erreicht haben.

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