Neidisch auf den Star der Clique? Selbstbewusstsein hilft

Hamburg (dpa/tmn) - Auf wen man eifersüchtig ist, macht oft eigene Defizite sichtbar: Gern wäre man selbst so beliebt, so sportlich, so gutaussehend wie der Star der Clique. Dann hilft es, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen.

Beliebtheit ist eine Währung, der vor allem in der Pubertät ein hoher Wert beigemessen wird. Da ist der Typ, den alle Mädchen toll finden und der auf jede Party eingeladen wird. Da ist die Anführerin der Clique, die bestimmt, was die Gruppe abends unternimmt und welche Schuhe nächsten Winter auf jeden Fall in der Einkaufstüte landen müssen. Das erzeugt schnell Eifersucht bei Jugendlichen, die nicht so bestimmend auftreten können. Das Problem ist dabei aber meistens nicht der andere - sondern man selbst.

Im Jugendalter sei es normal, dass sich so etwas wie ein Cliquenleader herausbilde, sagt der Psychologe Michael Thiel aus Hamburg. „Erst gibt es eine Testphase, man checkt sich gegenseitig ab.“ Dann entstehen langsam Cliquen, aber auch Konflikte und Konfrontationen. „Die Frage ist: Welche Position habe ich?“

Der Anführer einer Gruppe nimmt dabei eine Rolle ein, die ihn besonders beliebt macht. „Er verkörpert vieles, was sich andere für sich erhoffen“, erklärt Thiel. „Er hat kein Problem, sich unbeliebt zu machen, hinter seinem Rücken kann man sich verschanzen.“ Der Star der Clique sei meist auch ideenreich. „Mit ihm wird das Leben nie langweilig.“ Aufgrund seiner Extrovertiertheit fänden ihn viele anziehend. Er wird am häufigsten auf Partys eingeladen und hat besonders viele Freunde auf Facebook.

„Der Cliquenleader zeigt einem seine Defizite auf“, sagt Thiel. „Da ist der Gedanke: Wenn ich ein bisschen mehr wie er wäre, dann hätte ich auch eine Freundin oder einen Freund, dann würde ich öfters eingeladen.“ Das Selbstwertgefühl sei in der Pubertät sehr schwankend. „Viele wissen nicht, wie attraktiv sie bei Mädchen oder Jungen sind.“ Die Eigenständigkeit als Person mit Macken und Vorzügen sei noch nicht sehr entwickelt. „Wenn ich mich da an jemanden dranhänge, Mitglied einer beliebten Clique bin, dann fühle ich mich ein Stück weit sicherer“, erklärt der Jugendpsychologe.

Aus dieser Konstellation heraus könne aber auch schnell Eifersucht entstehen, sagt Beate Friese von der Nummer gegen Kummer in Wuppertal. „Man hätte gerne die Position des Anführers, aber traut sich nicht, so aufzutreten.“ Es sei aber schwierig, sich das einzugestehen. „Man muss sehr ehrlich mit sich sein. Neid gesteht man sich eigentlich nicht zu.“ Die Jugendberaterin empfiehlt, das Thema vorurteilsfrei mit einem Dritten zu besprechen. „Am besten mit jemandem außerhalb der Clique.“ Es sei dann wichtig zu prüfen, welches Gefühl der Anführer bei einem selbst auslöst und den Ursachen des Neids auf die Spur zu kommen.

Oft kommt dabei heraus, dass man selbst eigentlich gern anders wahrgenommen werden würde. Das sei eine Frage des Selbstbewusstseins, erklärt Friese. „Man muss sich auch mal trauen, hinter einer bestimmten Meinung zu stehen.“ Es sei wichtig, eine Position in der Clique zu finden, die einigermaßen einzigartig ist.

Begünstigt wird das vielleicht durch die Fähigkeit, sich gut in andere einfühlen und bei Sorgen und Problemen einfach zuhören zu können. Michael Thiel rät Jugendlichen außerdem, sich auf ihre eigenen Talente und Leidenschaften zu konzentrieren. Auf die Frage: Worin gehe ich auf? „Damit steche ich automatisch aus der Masse heraus.“ Das steigere das Interesse und die Attraktivität bei anderen.

„Auf einem bestimmten Gebiet oder in einer Sportart etwas zu können, ist immer gut“, bestätigt Jutta Stiehler vom Dr. Sommer-Team der Zeitschrift „Bravo“. „Das bringt Selbstbewusstsein und unter Umständen die Bewunderung anderer.“ Es sollte allerdings nicht der Antrieb sein, sich in ein Feld zu stürzen, das einem überhaupt nicht liegt, nur um anderen zu imponieren. „Sondern weil es Spaß macht und interessant ist.“ Auf diese Weise lerne man schließlich wieder neue Leute kennen.

Stiehler rät davon ab, bewusst eine Gegenrolle zum Anführer der Clique einzunehmen. „Das ist vermutlich schwierig.“ Denn das hieße, dass der Jugendliche eine Rolle spielt und nicht authentisch ist. „Besser ist es, sich selbst treu zu sein und sich nicht zu verbiegen.“ Vielleicht mögen einen die anderen auch, gerade weil man nicht der große Anführer ist. Michael Thiel empfiehlt das Motto: „Ich bin anders, und das ist gut so.“ Diese Einstellung mache interessant.

Wer zu mehr Selbstbewusstsein und seinen eigenen Stärken findet, kann am Ende entspannter mit dem Leader der Gruppe umgehen. Dann ist Neid kein Problem mehr. Jutte Stiehler empfiehlt Jugendlichen herauszufinden, warum bestimmte Leute beliebt sind. „Zu schauen, wie sie auf andere zugehen, ob sie zuhören und an dem interessiert sind, was andere ihnen erzählen.“ Es sei nichts Verwerfliches daran, sich bestimmte Verhaltens- und Umgangsweisen abzuschauen. „Das hat nichts mit Nachmachen zu tun, sondern mit Zuwendung und Kommunikation.“

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