Oll, aber doll: Spielzeug der Eltern kann wie ein Schatz sein

Braunschweig (dpa/tmn) - Im Kinderzimmer stapelt sich das Spielzeug: Wäre es nicht sinnvoll, manche Dinge von Generation zu Generation weiterzugeben? Alte Spielsachen haben weitere Vorteile: Kinder können sich damit besser in die Kindheit ihrer Eltern hineinversetzen.

In staubigen Kisten lagern auf Dachböden oder in Kellerräumen oft Spielzeugschätze aus der eigenen Kindheit. Ritterburgen, Modell- und Holzeisenbahnen oder Barbiepuppen - so manche frisch gebackenen Eltern graben die Spielsachen wieder aus, um sie ihrem eigenen Nachwuchs zu schenken. Ob aus Sentimentalität, Sparsamkeit, Rücksicht auf die Umwelt oder dem Wunsch, den Kindern etwas über sich zu erzählen: Gerade in der Weihnachtszeit können die aufgehobenen Dinge Familien bereichern.

„Alte Spielsachen, die des Aufhebens wert sind, sind meist mit guten persönlichen Erinnerungen und Gefühlen aus der eigenen Kindheit besetzt“, sagt Hein Retter, emeritierter Professor für Allgemeine Pädagogik von der Technischen Universität Braunschweig. Jede der aufbewahrten alten Spielsachen habe ihre eigene kleine Geschichte.

„Wir sind drei Brüder, und meine Eltern haben unsere gesamte Playmobil-Sammlung und Legos aus den 70ern aufgehoben, teils auch Gesellschaftsspiele, und meine Frau ihre Barbies“, erzählt ein 42-jähriger Vater aus Berlin mit zwei Töchtern, der sich glücklich darüber schätzt. Inzwischen seien die alten Spielsachen vermischt mit neuen, und seine Frau und er nutzten den Vergleich, um den neun und zwölf Jahre alten Töchtern zu erklären, was technischer Fortschritt sei.

„Bei Oma und Opa hatten wir früher eine Kiste, die immer vom Speicher geholt wurde, darin waren zusammengewürfelte, alte Spielfiguren, beispielsweise von Walt Disney und Schlümpfe“, erinnert sich die Studentin Isabel Sonnabend (22) aus Saarbrücken. „Die fand ich toll, denn die Kiste war etwas Besonderes, und man merkt ja schon als Kind, dass etwas Charme hat.“

Das Weitergeben von Spielzeug aus der eigenen Jugend kann aber noch eine andere Funktion haben. „Das ist nicht zuletzt für Familien interessant, die für Nachhaltigkeit und ökologisch sinnvolles Verhalten eintreten und einer Konsum- und Wegwerfhaltung entgegentreten“, sagt Retter. Spätestens ab dem Schulalter würden die Spielinteressen und das Ansehen der Kids maßgeblich durch die von Gleichaltrigen gesetzten Standards geformt, etwa dem Besitz bestimmter Videospiele.

Entscheidend sei dann, in welchem Maße Eltern es schafften, ihren Kindern durch gemeinsames Spielen mit den Dingen Zeit, Zuwendung und Anerkennung zukommen zu lassen. „Wenn Eltern Wert darauf legen, dass ihr Kind lernt, gegenüber dem Einfluss der Konsumwelt eine gewisse Unabhängigkeit zu bewahren, dann sind Spieltraditionen innerhalb der Familie ein wirksames Mittel“, sagt Retter.

Doch was tun, wenn der Nachwuchs kein Interesse hat an der heiß geliebten Eisenbahn oder dem nostalgischen Gesellschaftsspiel? „Möglicherweise haben die Eltern nur Dinge aufgehoben, die für sie einen besonderen Wert und ihre Fantasie beflügelt haben“, sagt der Psychologe und Erziehungsberater Andreas Engel aus Hof. Eltern sollten jedoch nicht zu hohe Erwartungen haben, dass die Kinder begeistert sind.

Wie in allen Erziehungsfragen helfe ein gewisses Maß an Frustrationstoleranz, wenn die Kinder das Spielzeug erst einmal zur Seite legen. „Sie sollten das auf keinen Fall als persönliche Kränkung nehmen. Vielleicht ist das Kind einfach an einem anderen Punkt der Entwicklung, und interessiert sich später dafür“, sagt Engel, der stellvertretende Vorsitzende der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung.

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