Verliebt und vergeben - Wie sag ich es meinen Eltern?

Berlin (dpa/tmn) - Erst einmal ist Durchatmen angesagt. Viele Jugendliche machen sich Gedanken, ob und wie sie den Eltern von einer neuen Beziehung erzählen sollen. Für die ist es aber oft genauso aufregend, den neuen Freund oder die neue Freundin im Leben ihrer Kinder kennenzulernen.

Verliebt und vergeben - Wie sag ich es meinen Eltern?
Foto: dpa

Deswegen ist es hilfreich, schon vor dem ersten Treffen anzudeuten, dass es da jemanden gibt. „Für das Gespräch sollte man sich eine Situation aussuchen, in der alle entspannt sind“, sagt Sabine Marx, die bei der diakonischen E-Mail-Beratung für Jugendliche in Berlin arbeitet.

Dann kann man erzählen, was man am anderen gerne mag. Wer noch ein schönes Foto zeigt, hat schon den ersten Schritt getan, damit die Eltern den eigenen Schwarm sympathisch finden. Sind sie trotzdem skeptisch, etwa wegen eines großen Altersunterschieds oder Piercings und Tattoos, sollten Jugendliche sich Bedenken in Ruhe anhören. Widerstand und Trotz helfen wenig. „Die meisten Eltern wollen, dass es ihren Kindern gut geht“, erklärt Marx. Bespricht man die Sorgen gemeinsam, kann man sich am ehesten einigen.

Geduld hilft auch, wenn die Familie generell gegen eine Beziehung ist. Manchen Eltern falle es schwer, ihre Kinder ziehen zu lassen, berichtet Nina Pirk. Sie ist Beraterin beim Kinder- und Jugendtelefon der Nummer gegen Kummer. Wenn Jugendliche versuchen, dranzubleiben und zu erklären, warum sie gerne Zeit mit dem anderen verbringen, ernten sie am ehesten Verständnis. Die Beziehung ganz zu verschweigen, ist nur im Notfall eine Option. „Wenn man den Partner wirklich nicht vorstellen will, ist das aber auch ok“, findet Pirk.

Soll der neue Freund die Eltern schließlich kennenlernen, schlägt Jugendberaterin Marx als oberste Regel vor: Kurz sollte es sein. Eine gute Möglichkeit sei es zum Beispiel, sich vor einem Kinobesuch zu Hause abholen zu lassen. Dann haben die Eltern die Möglichkeit, den oder die Neue kennenzulernen, ohne dass es zu peinlichen Gesprächspausen kommt. Eine Einladung zum Abendessen oder das Familientreffen an Heiligabend ist für die erste Begegnung dagegen nicht die beste Idee.

Den richtigen Zeitpunkt für ein Treffen kennen die Jugendlichen selbst am besten, sagt Maria Große Perdekamp, Leiterin der Online-Beratungsstelle für Jugendliche bei der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke). Ausschlaggebend sei das eigene Gefühl - nur, wenn man es wirklich ernst meint mit der Beziehung, sei es sinnvoll, den Eltern davon zu erzählen. Ein Muss gibt es zwar nicht, macht Beraterin Marx klar. Das Risiko, dass Eltern von einer längeren Beziehung irgendwann durch andere erfahren, ist aber groß. Stress ist dann eher programmiert, als wenn man die Eltern selbst einweiht.

Wenn der Schwarm schließlich vor Mama und Papa steht, ist deren Neugier oft groß. Um peinliche Fragen zu umgehen, können Jugendliche schon vorher ein paar Informationen wie Alter oder Hobbys preisgeben. Eltern geben sich dann eher zufrieden als wenn man mit Details geizt, erklärt Marx. Einen Seelenstriptease müsse aber keiner hinlegen, intime Details sind sowieso tabu.

Zusätzlich hilft es, vorher mit dem Freund oder der Freundin zu besprechen, wie man bei unangenehmen Fragen reagiert, schlägt Jugendtherapeutin Große Perdekamp vor. Dann kann man den eigenen Eltern auch ruhig einmal sagen, dass sie bestimmte Dinge nichts angehen - freundlich natürlich. Ist dem Freund oder der Freundin ein Treffen unangenehm, muss man darauf Rücksicht nehmen, erklärt Marx. Auch hier hilft es, die Vorteile aufzuzeigen. Haben die Eltern den Schwarm erst einmal kennengelernt, kann das Paar auch Zeit im Haus verbringen, ohne sich verstecken zu müssen.

Fürchten die Eltern, dass ihr Nachwuchs nur noch mit Freund oder Freundin herumhängt, statt etwas für die Schule oder die Ausbildung zu tun, hilft es, Verantwortungsbewusstsein zu zeigen. Große Perdekamp schlägt zum Beispiel vor, gemeinsam mit dem Partner für die nächste Prüfung zu lernen oder sich gegenseitig beim Schreiben von Bewerbungen zu helfen. „Eltern sind dann oft sehr beeindruckt.“

Generell heißt es aber vor allem: keine Panik. Meistens ergeben sich die Dinge, beruhigt Pirk. Die Eltern seien heutzutage auch gelassener als früher, meint Große Perdekamp. Und auch wenn die erste Begegnung schief läuft: Davon geht die Welt nicht unter. Eine Möglichkeit für ein zweites Kennenlernen bietet sich fast immer.

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