Der Ruhestand soll warten

Wer nach 65 weiterarbeiten will, wird dafür mit einer höheren Rente belohnt. Aber der Arbeitgeber muss dabei mitspielen.

Düsseldorf. Die ungekürzte Altersrente gibt es für die meisten Arbeitnehmer derzeit ab 65 Jahren und einem Monat. Doch niemand muss dann in Rente gehen. Weiter zu arbeiten ist keineswegs verboten — und zahlt sich bei der späteren Rente zudem aus. „Ich erwarte nur 1000 Euro Rente, und meine Frau ist vor zwei Jahren gestorben. Warum soll ich jetzt schon in den Ruhestand gehen?“, fragt sich Heinz S.

Im September 2012 wird er 65, deshalb könnte der gelernte Anlagenbauer ab November die reguläre Altersrente erhalten. Doch erst einmal will er mindestens „noch ein Jahr dranhängen“. Prinzipiell geht das, sagt Michael Felser, Rechtsanwalt aus dem rheinischen Brühl. Er rät interessierten Älteren zu einem „frühzeitigen Check ihres Arbeitsvertrags“.

Befristung oder Kündigung: Wenn es im Arbeitsvertrag keine altersmäßige Begrenzung und auch keinen Verweis auf einen Tarifvertrag mit einer entsprechenden Altersregelung gibt, läuft das Arbeitsverhältnis mit 65 ganz normal weiter. „Denn eine Kündigung aus Altersgründen ist verboten“, so Felser. Wem mit 65 unter Verweis auf sein Alter gekündigt wird, kann dagegen klagen und wird meist vor dem Arbeitsgericht Recht bekommen.

Eine Befristung des Arbeitsvertrags bis zum regulären Rentenalter ist dagegen erlaubt. Diese Regelung dürfte sich in den meisten neueren Arbeitsverträgen finden. Für den Jahrgang 1947 liegt die Grenze für das Ende der Beschäftigung damit bei 65 Jahren und einem Monat. Für jeden jüngeren Jahrgang steigt diese Grenze zunächst um einen weiteren Monat an. Im Vertrag von Heinz S. steht noch die alte Altersgrenze von 65 Jahren. Das interpretieren die meisten Juristen dann aber „nicht wörtlich, sondern sinngemäß“, sagt Felser.

„Damit ist nicht das exakte Alter gemeint, sondern die Regelaltersgrenze für die Rente, und die lag bis 2011 bei 65“. Das Arbeitsverhältnis von Heinz S. endet somit automatisch Ende Oktober 2012. Doch er kann mit seinem Arbeitgeber einen neuen Arbeitsvertrag vereinbaren. Möglich ist dabei auch eine Verkürzung der Arbeitszeit und ein befristeter Vertrag.

Arbeitsrecht und Sozialversicherung: Arbeitsrechtlich ändert sich für Beschäftigte jenseits der 65 wenig. Sie haben Anspruch auf Urlaub, für sie gilt das Kündigungsschutzgesetz und im Krankheitsfall steht ihnen eine sechswöchige Entgeltfortzahlung zu. Danach bekommen sie allerdings nur für eine Übergangsfrist Krankengeld. Die Krankenkasse kann sie nämlich zum Rentenantrag auffordern.

Mit der (Voll-)Rente entfällt dann das Krankengeld, ebenso wenn das Altersruhegeld trotz Aufforderung nicht innerhalb von zehn Wochen beantragt wird. Zudem erhalten die Betroffenen bei Verlust ihres Jobs kein Arbeitslosengeld. Dafür müssen die Senioren-Arbeitnehmer selbst auch keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abführen. In die gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung dagegen zahlen sie die gleichen Beiträge ein wie Jüngere.

Rentenplus: Wer mit Erreichen des regulären Rentenalters weiterarbeitet, wird später mit einer höheren Rente belohnt. Die Altersrente fällt pro Monat des späteren Einstiegsalters um 0,5 Prozent höher aus. Wenn Heinz S. noch ein Jahr dranhängt und erst mit 66 Jahren und einem Monat Rente beantragt, steigt sein Altersruhegeld also allein deshalb schon um sechs Prozent. Durch die weiter gezahlten Rentenbeiträge summiert sich das Rentenplus auf sogar acht bis zehn Prozent.

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