Lebensversicherung: Was sich 2012 wirklich ändert - Sofortrente ist Alternative

Die Assekuranz bläst zum Schlussverkauf, doch die ins Feld geführten Argumente überzeugen kaum. Viel wichtiger sind überdurchschnittliche Langfristerträge und Kapitalsicherheit.

Düsseldorf. Die Lebensversicherer überschütten derzeit Haushalte und Privatkunden mit Werbung. „Wer noch im alten Jahr einen Vertrag abschließt, der sichert sich Steuervorteile und höhere Garantiezinsen“ — lautet die bei vielen Gesellschaften zu lesende Botschaft. Ziel der Verkaufsoffensive ist es, möglichst viele neue Kunden bis Jahresende von den Vorteilen der bestehenden gesetzlichen Regelungen zu überzeugen. Denn im neuen Jahr — so die Argumentation — werden Lebens- und Rentenversicherungen deutlich schlechter.

Von den ins Feld geführten Argumenten sollten sich Interessenten nicht überrumpeln lassen. Richtig ist, dass der Garantiezins für neu abgeschlossene Verträge ab 1. Januar 2012 von 2,25 auf 1,75 Prozent sinkt. Im Ergebnis fällt die Verzinsung des angelegten Sparvermögens um 0,5 Prozentpunkte geringer aus. Die Auswirkungen der Zinssenkung werden für viele Lebensversicherte allerdings kaum spürbar sein. Der Garantiezins ist nämlich ein Sicherheitszins, der nur in Ausnahmefällen greift. Die tatsächliche Rendite klassischer Lebens- und Rentenversicherungen liegt in der Regel höher als der Mindestzins, weil die jährliche Überschussbeteiligung und der Schlussüberschuss den Ertrag verbessern.

Nach Ermittlungen des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) liegt die Gesamtverzinsung für Lebensversicherungen im Jahr 2011 im Branchendurchschnitt mit 4,1 Prozent noch immer über der Vier-Prozent-Marke. Damit rentieren die Verträge deutlich über der Inflationsrate und höher als der gegenwärtige Marktzins. Nicht betroffen von den Neuregelungen sind fondsbasierte Lebens- und Rentenversicherungen, da für Fondspolicen keine Zins- oder Renditegarantien gegeben werden.

Zweite wichtige Neuerung ist, dass Vorsorgesparer künftig bis zum 62. Lebensjahr bei der Stange bleiben müssen, um die Hälfte des aufgelaufenen Ertrags steuerfrei ausgezahlt zu bekommen. Für Verträge, die bis Ende 2011 abgeschlossen wurden bzw. werden, gilt noch die Grenze von 60 Jahren. Der Verschiebung des Steuerbonus nach hinten, ist ein tatsächlicher Nachteil für Neuverträge. Vor dem Hintergrund der sich verlängernden Lebensarbeitszeit und der späteren gesetzlichen Rentenzahlung sowie angesichts der steigenden Lebenserwartung relativiert sich jedoch der verzögerte Steuerbonus. Die meisten Menschen schließen eine Lebensversicherung zur finanziellen Absicherung im Alter ab. Da der Gesetzgeber den „offiziellen Rentenbeginn“ ebenfalls nach hinten verschoben hat, sollten Versicherte den Start ihrer Privatrente bzw. die Auszahlung der Lebensversicherung zeitlich analog planen. Wer dies tut, kann Steuernachteile vermeiden.

Schwerer wiegt das dritte Argument: Unisex-Tarife. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs müssen Lebensversicherungen ihre Tarife künftig so berechnen, dass Frauen und Männer den gleichen Beitrag zahlen. Die Neuregelung dürfte für Männer teurer werden, denn sie zahlten bislang aufgrund ihrer geringeren Lebenserwartung niedrigere Beiträge als Frauen. Was Versicherungsvertreter gern verschweigen: Das Urteil muss bis Ende 2012 umgesetzt sein. Viele Vertreter führen die Unisex-Klausel aber bereits jetzt ins Feld, um Kunden bis Jahresende zum Vertragsabschluss zu bewegen — ein fragwürdiges Argument.

Ein gewichtiges Argument von Lebens- und Rentenversicherungen, das unabhängig von Jahreszahlen und gesetzlichen Neuerungen existiert, ist die hohe Sicherheit der angelegten Kundengelder. „Die Lebensversicherung bietet ein Maß an Sicherheit und Zinsgarantie, das sie für viele Sparer attraktiv macht“, so Hasso Suliak vom GDV. Im Gegensatz zur Investmentbranche unterliegen Versicherungsgesellschaften strengen Anlagevorschriften, die Konkurse aktiv vorbeugen bzw. verhindern sollen. Scheinbar mit Erfolg: Während Banken und Investmenthäuser seit Jahren wegen drohender und tatsächlicher Pleiten negative Schlagzeilen machen, bewegt sich die Assekuranz in vergleichsweise ruhigem Fahrwasser. Zwar sind die Renditen von Kapitallebensversicherungen und klassischen Privatrenten rückläufig, einen Totausfall brauchen Versicherte derzeit aber nicht zu fürchten. Als Sicherheitsnetz verfügt die Branche zusätzlich über die Auffanggesellschaft Protektor, die bei einer Anbieterpleite bestehende Verträge zum Garantiezins fortführt.

Verbraucherschützer raten dennoch von Neuabschlüssen ab, weil Lebens- und Rentenpolicen mit hohen Kosten belastet sind. Bis zu sechs Prozent kassieren die Gesellschaften bei Vertragsabschluss, hinzu kommen laufende Gebühren. Außerdem fließt bei Kapitallebensversicherungen nicht der gesamte Beitrag in die Spareinlage, sondern ein Teil des Geldes wird für den Todesfallschutz verbraucht. Hajo Köster vom Bund der Versicherten hält von den Policen deshalb wenig: „Die Produkte sind Relikte aus dem vergangenen Jahrhundert“, argumentierte er kürzlich gegenüber der Zeitung „Die Welt“. Die Kosten seien viel zu hoch und die Renditen zu niedrig.

Eine Vertragsvariante lehnt der Verbraucherschützer allerdings nicht ab: Die Rentenversicherung gegen Einmalbetrag. Die sichere und gut verzinste Anlage eingezahlter Gelder mit angeschlossener Rentenzahlung könne durchaus „gut eingesetztes Geld“ sein. Wie der Tarifvergleich von biallo zeigt, können Versicherte, die mit 65 Jahren 100.000 Euro in eine Sofortrente mit zehn Jahren Rentengarantiezeit einzahlen, bei Ergo Direkt mit einer anfänglichen Monatsrente von 446 Euro rechnen, Mamax Leben garantiert 433 Euro, Cosmos Direkt 432 Euro, die Hannoversche Leben 431 Euro und die Europa Versicherung 429 Euro. Da es sich hierbei um einen dynamischen Rentenbezug handelt, steigen die Monatsrenten binnen zehn Jahren um rund 100 Euro an.

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