Picasso statt Riester? Kunst als Kapitalanlage

Oldenburg/Erfurt (dpa/tmn) - Picasso statt Riester, van Gogh statt Aktienfonds oder Dalí statt Bausparvertrag? Die Finanzmärkte sind unvorhersehbar geworden, Anleger suchen nach Alternativen. Der Kunstmarkt wird für viele interessant - doch er ist unkalkulierbar.

Ausufernde Staatsschulden, drohende Rezession und schwankende Börsenkurse - die Zeiten für Anleger sind schwer. Viele flüchten sich daher in Sachwerte. Neben Immobilien gehört für immer mehr Menschen auch Kunst dazu. „Leute, die um ihr Geld fürchten, investieren es in die Kunst“, sagt Volker Kuhnert, Galerist und Künstler aus Oldenburg. Schon häufig sei er von Anlegern angesprochen worden, die ihr Erspartes in der Kunst anlegen wollten.

Schließlich verspricht so manches Werk eine stattliche Rendite. Erst vor wenigen Wochen wurde Edvard Munchs „Der Schrei“ für den Rekord-Preis von umgerechnet 91 Millionen Euro im Auktionshaus Sotheby's in New York verkauft. Allerdings sind Investitionen in Kunst nichts für Kleinanleger, die nur wenig über den Markt wissen. „Kunstlaien sollten nicht auf eigene Faust losgehen und einfach ein Bild kaufen“, warnt Kuhnert.

Wer sein Geld in Bildern oder Skulpturen anlegen will, braucht einen guten Überblick und fachmännische Beratung. Sonst sei es reine Spekulation. „Denn der Geschmack kann irreleiten“, erklärt der Galerist. „Wer gut und richtig in die Kunst investieren will, muss sich damit auseinandersetzen und sich reinarbeiten“, sagt auch Klaus Gerrit Friese, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Galerien und Kunsthändler in Stuttgart.

Wichtige Fragen: Wo hat der Künstler ausgestellt? Mit welchen Galerien und Museen hat er zusammengearbeitet? In welchen Sammlungen ist er vertreten? Wie sind seine nationalen und internationalen Erfolge? „Sie kommen nicht darum herum, die Wertbeständigkeit eines Künstlers und seiner Werke zu prüfen“, erklärt Friese.

Kuhnert rät, in die Bilder junger, unbekannter und neuer Künstler zu investieren. „Da hat man große Chancen, dass das Bild später an Wert gewinnt.“ Doch das braucht Geduld, manchmal Jahrzehnte. So seien derzeit zum Beispiel vor 40 oder sogar vor 60 Jahren gemalte Werke gefragt, erzählt der Kunstkenner. Mit der Zeit hätten sie an Wert gewonnen. Bilder noch unbekannter, aber vielversprechender Künstler könnten bereits für weniger als 1000 Euro gekauft werden.

Doch bei aller Prüfung und Beratung, es gibt keine Garantie, dass das gekaufte Stück später auch große Summen einbringt oder überhaupt etwas wert sein wird. „Der Kunstmarkt ist unvorhersehbar“, erklärt Kuhnert. „Er ist viel doller als die Börse, weil man wirklich daneben greifen kann“, warnt er. „Doch wenn man das richtige Bild erwischt hat, ist es bombastisch.“ Allerdings gehöre viel Fachwissen, Gespür und Bauchgefühl dazu.

„Trotzdem kann auch ein Kunstkenner daneben liegen“, sagt Heinrich Arens, Präsident des Bundesverbands deutscher Auktionatoren in Erfurt. Die Wertsteigerung oder der -verlust einer Aktie an der Börse könne noch kalkuliert werden. „Nicht so der Kunstmarkt“, sagt Arens. „Die Wertschätzung eines Bildes unterliegt der Mode, dem Geschmack“, erklärt Friese den Grund. Das mache den Kunstmarkt so unsicher.

„Keiner kann richtig sagen, warum der Preis für ein Bild hoch geht“, sagt Arens. Bei einer Auktion werde manchmal hoch gepokert, damit ein anderer Bieter das Bild nicht kriegt. „Weil es aufregend ist zu bieten, zu gewinnen.“ Dann wieder hätte das Objekt auch nur für einen bestimmten Käufer einen besonderen Wert. „Aus persönlichen Gründen oder weil der Käufer Sammler ist.“

Vor kurzem sei in New York eine Vase aus China aus dem 19. Jahrhundert versteigert worden. „Höchstens einige Hundert Dollar wert“, erzählt Arens. Ein chinesischer Käufer habe die Vase schließlich für mehr als eine Million US-Dollar gekauft. „Wer weiß, warum. Die Vase war nicht mal schön“, wundert er sich.

Ob der Käufer die Vase für den Preis wieder verkaufen kann, sei ungewiss. „Der Preis ist nicht der Wert“, erklärt der Experte. „Ich bin seit 35 Jahren in diesem Geschäft und bin erstaunt, wenn ich höre, was für Preise manchmal gezahlt werden.“ Den Preis für Munchs „Der Schrei“ findet er „unanständig“.

Arens rät, nur so viel in die Kunst zu investieren, dass das eventuell verlorene Geld am Ende nicht wehtut. „Die Kunst ist keine sichere Anlage.“ Besser sei es, das Vermögen zu streuen und so das Risiko durch Verteilung zu verringern.

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