Post vom Inkassobüro - Widerspruch lohnt sich oft

Berlin/Celle (dpa/tmn) - Wer Post vom Inkassobüro erhält, bekommt erstmal einen Schreck. Und fragt sich: Schulde ich denen wirklich Geld? Ist der Absender seriös oder zockt er mich ab? Was tun? Erste Antworten finden sich meist schon in den Schreiben.

Solche Briefe treiben den Blutdruck hoch: Ein Inkassobüro verlangt 300 Euro. Für einen angeblichen Einkaufstrip im Internet. Doch keine Panik! Stattdessen: Tief durchatmen und erstmal in sich gehen. So lautet der Expertenrat für geschockte Verbraucher.

Nach den Schreckminuten beginnt die Arbeit. „Vergewissern, ob man den Gläubiger kennt, doch etwas bestellt oder etwas heruntergeladen hat, ob die Stromrechnung bezahlt wurde oder ob man schwarzgefahren ist“, sagt Kay Berg, Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU). Vielleicht findet sich eine übersehene Rechnung oder eine Mahnung. Grundsätzlich wäre die Forderung dann berechtigt und sollte beglichen werden. Wenn Ebbe in der Kasse ist, bittet man um Stundung, Ratenzahlung oder teilt schriftlich mit, dass man zahlungsunfähig ist, etwa wegen Privatinsolvenz.

Schuldeneintreiber genießen nicht den besten Ruf. Rüdes Vorgehen, unberechtigte Forderungen, horrende Gebühren - immer wieder bringen schwarze Schafe Verbraucher in Bedrängnis. Woran erkennt man, ob hinter der Zahlungsaufforderung eine seriöse Firma steckt? Einen ersten Hinweis finden Betroffene im Internet. Nach Angaben des BDIU sind unter www.rechtsdienstleistungsregister.de die in Deutschland zugelassenen Firmen aufgelistet. „Wer dort nicht drinsteht, ist in der Regel unseriös“, sagt Berg. Ein zweiter Hinweis kommt von den Büros selbst: Sie sollten ihren Auftraggeber offenlegen, Einschüchterung ist tabu. Auch die Mitgliedschaft im BDIU weist in der Regel auf Seriosität.

Die auf Inkassofälle spezialisierte Rechtsanwältin Kerstin Diercks-Harms aus Celle achtet auch auf den Briefkopf. Fantasienamen, die Angabe eines Postfachs anstelle einer Postadresse, das Fehlen von Festnetz-Telefonnummer und eines Geschäftsführers deuten für Diercks-Harms auf schwarze Schafe. Äußerstes Misstrauen halten die Fachleute bei ausländischen Absendern für angebracht.

Ein seriöses Büro, meint die Anwältin, spielt nicht mit der Angst des Schuldners. „Drohung mit Strafanzeige oder Schufa-Eintrag sind ebenso unredlich wie der jeglicher rechtlichen Grundlage entbehrende Hinweis auf Vollstreckung.“ Pfändungen seien im Prinzip erst nach einer gerichtlichen Entscheidung möglich.

Verbraucher sollten unberechtigten Forderungen dem Grund und der Höhe nach schriftlich widersprechen, rät Pamela Wellmann, Referentin Kredit und Entschuldung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Wellmann spricht aber ein Problem an, das Säumige oft teuer zu stehen kommt: die Kosten für die Arbeit der Inkassofirma.

Die Firmen schlagen die Gebühren auf die eigentliche Zahlungsforderung plus Verzugszinsen drauf. Mangels gesetzlicher Vorschriften können sie das praktisch unbegrenzt. In der Regel orientieren sich seriöse Firmen an der Rechtsanwaltsgebührenordnung.

Bei einem Vollstreckungsbescheid sollte Einspruch gegen mögliche unzulässige Kosten eingelegt werden. Vor Gericht haben Verbraucher damit oft gute Chancen. Kerstin Diercks-Harms: „Inkassokosten sind im Prozess meist nicht durchsetzbar, weil sie nicht zu den notwendigen Aufwendungen gehören.“ Als Folge bliebe der Gläubiger zunächst auf seinen Aufwand sitzen.

Wie schnell müssen Verbraucher auf Inkasso-Post reagieren? Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten. Pamela Wellmann empfiehlt, auf die erste Mahnung hin aktiv zu werden und bei berechtigten Forderungen die Zahlungsfrist einzuhalten. Kerstin Diercks-Harms würde zumindest unberechtigte Forderungen beiseite legen und abwarten, bis das Gericht sich meldet.

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