Ein ungeliebtes Mitbringsel

Unbemerkt im Koffer reist bei manch einem zurückkehrenden Touristen ein blinder Passagier mit: die Bettwanze. Dann muss schnell gehandelt werden.

Frankfurt. Winzige, nachtaktive Blutsauger haben in Teilen New Yorks Wohnungen, Hotels und Geschäfte erobert. Jetzt machen sich die Bettwanzen auch in deutschen Ballungsgebieten breit. Der Deutsche Schädlingsbekämpfer-Verband (DSV) spricht von einer starken, sinuskurvenartigen Zunahme, die vor etwa fünf Jahren begonnen habe.

"Bettwanzen übertragen keine Krankheiten", erklärt Erik Schmolz vom Umweltbundesamt. Deshalb gebe es noch keine Daten über ihre Verbreitung in Deutschland. "Aber der Juckreiz ist barbarisch", sagt der Chef des Frankfurter Gesundheitsamtes, René Gottschalk.

"Ein Anstieg der Bettwanzen-Population ist weltweit zu verzeichnen", berichtet der DSV-Bundesvorsitzende Rainer Gsell. Die behaarten Kosmopoliten mit der wissenschaftlichen Bezeichnung Cimex lectularius hatten vor den Olympischen Winterspielen auch im kanadischen Vancouver für Aufregung gesorgt. Aus Nordamerika, Australien, Dänemark und der Schweiz gebe es eindeutige Hinweise auf eine Zunahme, berichtet Schmolz. Und in Deutschland? "Ein Befall wird ungern zugegeben. Schädlinge sind allgemein ein Tabu-Thema."

"Bettwanzen sind ein Geniestreich der Natur", sagt Gottschalk. "Die Insekten sind unglaublich lange in der Lage, ohne Feuchtigkeit und Nahrung auszukommen." Den Menschen nutzen die wenigen Millimeter großen Tiere kurze Zeit als Futterquelle, dann verschwinden sie wieder in ihren Ritzen. "Wanzenfamilien essen gemeinsam zu Abend, alle auf derselben Stelle", berichtet der Mediziner. "Sie mögen es besonders, wenn der Mensch schwitzt. Die erste, die Licht sieht, huscht zurück in die Ritze, der Rest der Familie folgt."

Extrem juckende und massiv allergische Hautreaktionen können die höchst unangenehme Folge sein. Denn die birnenförmigen Sechsbeiner sondern beim Stechen einen Stoff ab, der neben Schlafstörungen auch starke allergische Reaktionen verursachen kann. Antihistamin-Salben helfen, so die Fachleute. Auch Erreger wie Borreliose, Hepatitis und sogar HIV seien bei Wanzen schon gefunden worden. Eine Übertragung auf den Menschen wurde aber nicht nachgewiesen.

Mit dem globalen Tourismus-Boom und dem weltweiten Gebrauchtwaren-Handel erklären Fachleute die Ausbreitung der Wanzen. Sie können unbemerkt in Koffern und Taschen mitreisen, vor allem aber auch in Kartons auf Lastkraftwagen, Schiffen, Zügen und Flugzeugen. "Sie lieben Hölzer und Kartonagen", sagt Gottschalk. Zur weltweiten Ausbreitung sollen auch Resistenzen gegen Schädlingsbekämpfungsmittel geführt haben.

"Es liegt definitiv nicht an mangelnder Hygiene", betont Schmolz. Und Gottschalk sagt: "Wenn sie erstmal irgendwo drin sind, breiten sie sich aus und sind auch in sehr gepflegten Wohnungen zu finden."

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